Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltungsbereich einer arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel. Ausschluss des Anspruchs des Arbeitgebers auf Herausgabe von Arbeitsmitteln. Anspruch des Arbeitnehmers auf nachträgliche Anfertigung von Aufzeichnungen nach dem FPersV

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine arbeitsvertragliche Ausschlussklausel steht dem Herausgabeverlangen des Arbeitgebers bezüglich von Arbeitsmitteln nicht entgegen.

2. Die in § 1 Abs. 6 Satz 1, 2 FPersV normierte Aufzeichnungspflicht eines Berufskraftfahrers besteht im öffentlichen Interesse und gibt dem Arbeitgeber keinen einklagbaren Anspruch auf nachträgliche Anfertigung solcher Aufzeichnungen.

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1, § 861; FPersV § 1 Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 10.10.2016; Aktenzeichen 4 Ca 3939/15)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufungen wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10. Oktober 2016, Az.: 4 Ca 3939/15, teilweise abgeändert und der Tenor zur Klarstellung insgesamt neu gefasst:

    1. Der Beklagte wird verurteilt,

      1. an den Kläger für Oktober 2015 1.530,00 EUR brutto abzüglich von 1.000,00 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 10.11.2015 zu zahlen
      2. an den Kläger für November 2015 1.606,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 10.12.2015 zu zahlen
      3. dem Kläger eine Bescheinigung gem. § 312 SGB III zu erteilen
      4. dem Kläger eine Lohnabrechnung für Oktober 2015 zu erteilen.
    2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
    3. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten ein Mobiltelefon IPhone 4 mit der IMEI 000000000000000 herauszugeben.
    4. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
  • II.

    Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.

  • III.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 55% und der Kläger zu 45%.

  • IV.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche des Klägers, die Erteilung von Lohnabrechnungen und Arbeitspapieren sowie über die widerklagend geltend gemachten Ansprüche auf Herausgabe eines Diensthandys nebst Zubehör und auf Übermittlung von Aufstellungen zu Lenk- und Arbeitszeiten des Klägers.

Der Kläger war bei der Beklagten, einem Transportunternehmen, auf der Grundlage des unter dem 23.03.2015 geschlossenen Arbeitsvertrages als LKW-Fahrer/Fahrer beschäftigt. Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag (nachfolgend abgekürzt: AV) enthält hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Fragen die nachstehend auszugsweise wiedergegebenen Bestimmungen:

§ 4 Vergütung/Sonderzahlungen

Der Arbeitnehmer erhält in Verbindung der 50 Stunden/Woche eine Bruttovergütung von 8,50 EUR/Stunde, zuzüglich der gesetzlichen Tagesspesen. Die Vergütung ist jeweils zum 10. des Folgemonats fällig. [...]

§ 5 Urlaub

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf 20 Arbeitstage Urlaub, bei einer 5 Tage Woche. Die Lage des Urlaubs ist mit der Firma abzustimmen.

§ 9 Ausschlussklausel

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen von beiden Vertragsteilen spätestens innerhalb eines Monats nach Beendigung schriftlich geltend gemacht werden. Andernfalls sind sie verwirkt.

Für weitere Einzelheiten des zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrags wird auf Bl. 13-17 der Akte Bezug genommen.

Für den Monat April 2015 erteilte der Beklagte dem Kläger eine Lohnabrechnung über 1.700,00 EUR brutto (Bl. 78 der Akte). Auf der Grundlage einer "Zusatzvereinbarung" vom 11.05.2015 (Bl. 41 der Akte) überließ der Beklagte dem Kläger ein iPhone 4 einschließlich einer transparenten Hülle, eines Ladekabels, eines Netzsteckers mit 220 V sowie eines Netzsteckers für das Auto.

Seine Aufgabe als Fahrer beim Beklagten bestand in dem Führen von Fahrzeugen, die dem Gütertransport dienen, unter anderem solchen, deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger und Sattelanhänger mehr als 2,8 t und nicht mehr als 3,5 t betrug. Bei Fahrten mit den vorgenannten Fahrzeugen war der Kläger als Fahrzeugführer verpflichtet, Aufzeichnungen unter anderem zu seinen Lenk- und Arbeitszeiten zu machen. Die hierzu notwendigen Dokumentationsbögen waren in den Fahrzeugen des Beklagten in ausreichender Anzahl vorhanden.

Im Oktober 2015 sowie in der Zeit vom 02.11.2015 bis einschließlich 04.11.2015 war der Kläger für den Beklagten tätig. Der genaue Umfang seiner Arbeitsleistung und deren Verteilung bleiben zwischen den Parteien indes umstritten. Unstreitig unternahm der Kläger allerdings in dem streitgegenständlichen Zeitraum mit den zuvor näher beschriebenen Fahrzeugen Zustellfahrten für die Firma T., einem Kunden des Beklagten.

Hierzu begab sich der Kläger morgens zum Betriebsgelände der Firma T., wo die Fahrzeuge des Beklagten abgestellt waren. Die Tourenpläne für den Tag erhielt er von den Disponenten der Firma T., die diese auch erstellten. Während der Fahrten führte der Kläger stets einen Scanner mit sich, der unter anderem verwendet wurde, wenn einzelne Pakete an Kunden ausgeliefert wurden. Nach Erledigung der Tagestouren kehrte der Kläger zurück zum Betriebsge...

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