Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung. Hotel- und Gaststättengewerbe. Prozentempfänger. Tarifvertrag. Weihnachtsgratifikation. Manteltarifvertrag Hotel- und Gaststättengewerbe Rheinland-Pfalz. Weihnachtsgratifikation im Hotel- und Gaststättengewerbe Rheinland-Pfalz. unbegründete Zahlungsklage bei zutreffender Berechnung aufgrund des Tariflohns für Vollzeitbeschäftigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs. 1 des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Rheinland-Pfalz vom 22.11.1994 (MTV 1994) richtet sich die Weihnachtsgratifikation nach dem "maßgeblichen Tariflohn für die Vollzeitbeschäftigung"; dieser Wortlaut des Tarifvertrages stellt nicht auf die tatsächlich gezahlte individuelle Gesamtvergütung ab.
2. § 10 Abs. 2 Satz 1 MTV 1994 steht dem Entstehen einer betrieblichen Übung entgegen; die Vorschrift regelt ausdrücklich, dass höhere Zuwendungen als freiwillige Leistungen gelten, die keinen Rechtsanspruch auf künftige Leistungen begründen.
Normenkette
BGB §§ 611, 242, 611 Abs. 1; MTV Hotel- und Gaststättengewerbe RP § 10 Abs. 1, 2 S. 1; TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 02.09.2011; Aktenzeichen 8 Ca 708/11) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 2. September 2011, Az.: 8 Ca 708/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2010.
Die Klägerin (geb. am 24.10.1949) ist seit 01.12.1981 bei der Beklagten angestellt, seit 16.08.1982 als Restaurantleiterin. Die Beklagte beschäftigt in ihrem Hotel in D-Stadt ca. 130 Arbeitnehmer. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Rheinland-Pfalz Anwendung. Die Klägerin ist Prozentempfängerin und als solche in die Vergütungsgruppe B.1. des Lohn- und Gehaltstarifvertrages eingruppiert. Das Monatsgehalt in dieser Tarifgruppe betrug im Jahr 2010 € 2.455,50 brutto.
Die Klägerin erzielte bei der Beklagten im Jahr 2010 ein Monatsentgelt von € 2.946,60, das sind 120 % des tariflichen Garantielohnes. Die Beklagte hatte ihr mit Schreiben vom 01.12.2008 (Bl. 96 d.A.) mitgeteilt, dass sich dieser Gesamtbruttobetrag wie folgt splittet:
"Tarifgehalt: |
€ 2.455,50 |
Besitzstandswahrung 20 %: |
€ 491,10" |
In den vergangenen Jahren legte die Beklagte bei der Ermittlung der Weihnachtsgratifikation jeweils einen Festlohn von mindestens 120 % des Tarifgehaltes zugrunde. Für das Jahr 2010 zahlte sie der Klägerin ausgehend von 70 % des Tarifgehaltes eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von € 1.718,15 brutto. Nach vergeblicher schriftlicher Geltendmachung verlangt die Klägerin die Zahlung weiterer € 344,47 brutto. Sie ist der Ansicht, bei der Berechnung der Weihnachtsgratifikation seien 120 % des tariflichen Garantielohnes zugrunde zu legen. 70 % hiervon (€ 2.946,60) seien € 2.062,62 brutto.
In § 10 des Manteltarifvertrages vom 22.11.1994 (MTV 1994) ist geregelt:
"Weihnachtsgratifikation (Jahressonderzahlung)
Anspruch
Jeder Arbeitnehmer, der am 30. November des laufenden Jahres beim gleichen Arbeitgeber in ungekündigter Stellung länger als ein Jahr beschäftigt war und während der zurückliegenden 12 Monate wenigstens 200 Tageseinsätze geleistet hat, erhält eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 50 % des maßgeblichen Tariflohnes für die Vollzeitbeschäftigung. Sind weniger Tageseinsätze geleistet, verringert sich der Anspruch entsprechend.
Die Weihnachtsgratifikation erhöht sich unter gleichen Bedingungen für Arbeitnehmer nach mehr als fünfjährigem Bestand des Arbeitsverhältnisses auf 60 % und mehr als zehnjährigem Bestand des Arbeitsverhältnisses auf 70 % des maßgeblichen Tariflohnes.
Teilzeitbeschäftigte erhalten die Weihnachtsgratifikation anteilig im Verhältnis ihrer Arbeitsleistung zur Vollzeitbeschäftigung.
Freiwillige Leistungen
Höhere Zuwendungen gelten als freiwillige Leistungen, die keinen Rechtsanspruch auf künftige Zahlungen begründen. Sie dürfen aber aus Anlass dieser Vereinbarung nicht gekürzt werden.
(...)."
Für Prozentempfänger enthält § 5 Ziffer 9 MTV 1994 folgende Regelung:
"9) Prozentempfänger
Die Prozentempfänger erhalten als Entlohnung mindestens 11 % des Entgelts für die Verabfolgung von Speisen, Getränken und sonstigem Verzehr.
(...)
Prozentempfänger sind nur die im Lohn- und Gehaltstarifvertrag B aufgeführten Arbeitnehmer. Durch Betriebsvereinbarung oder einzelvertragliche Abreden kann anstelle des Bedienungsgeldes ein Festlohn vereinbart werden. In diesem Falle beträgt der Festlohn mindestens 130 Prozent des tariflichen Garantielohnes. Der Festlohnsatz verringert sich ab 01.01.1995 auf 120, ab 01.01.1996 auf 110 und ab 01.01.1997 auf 100 Prozent (s. Protokollnotiz Nr. 5)."
Die Protokollnotiz Nr. 5 hat folgenden Wortlaut:
"Zwischen den Tarifvertragsparteien besteht Einigkeit, dass für Arbeitnehmer, die anstelle eines Bedienungsgeldes einen Festlohn erhalten (§ 5 Ziff. 9), auch der bisher...