Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründete Entschädigungsklage einer Stellenbewerberin wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung bei unzureichenden Darlegungen zur Kenntnis der Arbeitgeberin von der Transsexualität der Bewerberin
Leitsatz (amtlich)
Eine Benachteiligung kann nicht "wegen" der Transsexualität eines Bewerbers/einer Bewerberin erfolgen, wenn diese dem Arbeitgeber nicht bekannt ist.
Normenkette
AGG §§ 1, 3 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 S. 2 Alt. 1, Abs. 2 Sätze 1-2, § 7 Abs. 1 Hs. 1, § 15 Abs. 2 S. 1, Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 05.09.2013; Aktenzeichen 3 Ca 234/13) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 5. September 2013, Az. 3 Ca 234/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage gegen die Beklagte zu 2) gerichtet ist. Im Übrigen wird sie nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch der Klägerin gemäß § 15 Abs. 2 AGG wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 AGG.
Die Beklagte zu 1) betreibt bundesweit Arbeitnehmerüberlassung. Die Beklagte zu 2) vertreibt Designerschmuck. Sie arbeitet mit der Beklagten zu 1) bei der Besetzung offener Stellen in der Form zusammen, dass sie dieser eine Stellenbeschreibung übermittelt. Die Beklagte zu 1) unterbreitet der Beklagten zu 2) daraufhin Vorschläge und vermittelt Termine zur persönlichen Vorstellung der Bewerber bzw. Bewerberinnen. Die Beklagte zu 2) teilt daraufhin der Beklagten zu 1) mit, welchen Bewerber bzw. welche Bewerberin sie für die jeweilige Stelle für am besten geeignet hält.
Die 1972 geborene, ledige Klägerin wandte sich am Freitag, 7. September 2012 aufgrund eines Vermittlungsvorschlags der Agentur für Arbeit vom 26. Juni 2012 an die Beklagte zu 1). Dort teilte ihr Frau W. mit, dass eine Stelle als Kommissioniererin in Vollzeit (40 Stunden/Woche) zu besetzen sei. Der Stundenlohn betrage 7,89 € brutto, außerdem würden die Kosten der Monatsfahrkarte für den öffentlichen Personennahverkehr in Höhe von 111,00 € zu 2/3 vom Arbeitgeber übernommen. Man verblieb so, dass Frau W. den schriftlichen Arbeitsvertrag auf dem Postweg übersenden und die Beklagte zu 2) informieren werde. Außerdem wurde ein Treffen mit dem Logistikleiter der Beklagten zu 2) J. P. am gleichen Tag um 15.00 Uhr in B. vereinbart. Die Einzelheiten dieses Treffens sind zwischen den Parteien streitig.
Auf Nachfrage teilte Frau W. der Klägerin am Montag, 10. September 2012 mit, dass sich Herr P. für eine Bewerberin von einer anderen Zeitarbeitsfirma entschieden habe.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 9. November 2012 (Anlage K 1, Bl. 7 f. d. A.) machte die Klägerin einen Anspruch auf Entschädigung wegen Benachteiligung wegen des Geschlechts bei der Beklagten zu 2) geltend. In diesem Schreiben heißt es auszugsweise:
"Wir machen für Frau A. einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 AGG geltend. Frau A. wurde durch Sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt.
(...)
Der geschilderte Vorfall macht deutlich, dass Frau A. durch Ihren Mitarbeiter P. wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden ist. Zum einen hat Herr P. Frau A. deutlich zu verstehen gegeben, dass er nicht glaube, dass sie eine Frau sei und hat sie dadurch herabgewürdigt. Zum anderen sind freie Arbeitsstellen grundsätzlich geschlechtsneutral auszuschreiben, so dass selbst dann, wenn es sich bei Frau A. um einen Mann gehandelt hätte, ebenfalls eine Benachteiligung wegen des Geschlechts gegeben wäre."
Die Beklagte zu 2) lehnte die Forderung mit Schreiben vom 22. November 2012 ab (Anlage K 4, Bl. 14 f. d. A.).
Auch gegenüber der Beklagten zu 1) machte die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten einen "Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 AGG" mit Schreiben vom 12. November 2012 (Bl. 10 ff. d. A.) geltend. Sie führte auch insoweit aus: "Frau A. wurde durch Sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt." Diese, ihr spätestens am 13. November 2013 per Normalpost zugegangene Forderung wies die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 13. November 2012 zurück (Anlage K 3, Bl. 13 d. A.).
Ihren Entschädigungsanspruch verfolgte die Klägerin gegen beide Beklagte mit ihrer am 8. Februar 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten zu 1) am 15. Februar 2013 und der Beklagten zu 2) am 18. Februar 2013 zugestellten Klage weiter.
Die Klägerin hat vorgetragen,
sie habe nach Anmeldung am Empfang der Beklagten zu 2) im Vorraum/Treppenhaus auf den Logistikleiter P. gewartet. Dieser habe dann die Tür zum Lagerbereich geöffnet und sie nur wortlos angeschaut, ohne etwas zu sagen. Daraufhin habe sie ihn gefragt, ob er Herr P. sei. Dies habe er bejaht. Sie habe sich sodann mit Vor- und Nachnamen vorgestellt und mitgeteilt, Frau W. von der Beklagten zu 1) habe sie angekündigt. Darauf habe Herr P. erwider...