Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorwurf der sexuellen Belästigung. Beleidigung. Beschwerderecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Die unrichtige Behauptung einer Arbeitnehmerin, durch die sie einen Arbeitskollegen fälschlicherweise verdächtigt, sie sexuell belästigt zu haben, kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Allerdings reicht es nicht aus, wenn der Arbeitgeber sich alleine auf die Äußerung des vermeintlich belästigenden Kollegen verlässt, welcher den gegen ihn erhobenen Vorwurf abstreitet.

 

Normenkette

BGB § 626; BeschSchG § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 08.07.2004; Aktenzeichen 2 Ca 643/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 08.07.2004 – AZ: 2 Ca 643/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, welche seit 1984 bei der Beklagten und zuletzt als Sachbearbeiterin beschäftigt ist, hat mit ihrer Klage, welche am 06.04.2004 beim Arbeitsgericht eingereicht wurde, die Kündigung der Beklagten, welche mit Schreiben vom 01.04.2004 als fristlose erklärt wurde, angegriffen.

Die Klägerin hat mit dem Arbeitgeber zuvor einen Aufhebungsvertrag geschlossen, wonach sie zum 30.06.2004 gegen Zahlung einer Abfindung ausscheiden wird.

Die Klägerin hat die Klage im Wesentlichen damit begründet, dass früher erteilte Abmahnungen durch Zeitablauf erledigt seien. Die Abmahnungen für den Vorfall am 17.12.2002, wo sie eine Kollegin mit den Worten: Du Schlampe beschimpft habe, sei berechtigt, jedoch habe diese Mitarbeiterin sie bespitzelt, wofür diese ebenfallens eine Abmahnung erhalten habe.

Die Klägerin habe mit ihrem Vorgesetzen Herrn Z. ein Gespräch, welches am 26.03.2004 unter vier Augen stattgefunden, wobei ihr erklärt worden sei, dass eine Freistellung bis zum 30.06.2004 nicht in Betracht käme. Dabei habe Herr Z. verschiedene Vorhalten in Bezug auf ihre Arbeitstätigkeit gemacht und sie gebeten, private Telefonate einzuschränken. Dabei habe die Klägerin sich darüber beschwert, dass andere Mitarbeiter, die sich nicht korrekt verhalten würden, keine Ermahnung durch den Vorgesetzten erhalten würden und auf die Frage, was sie damit meine, habe sie vertraulich mitgeteilt, dass der Mitarbeiter X. sie vor einigen Wochen oder Monaten ab und zu in den Arm genommen und gedrückt habe, was sie als sexuelle Belästigung empfunden habe. Die Frage von Herrn Z., ob der Vorwurf der Klägerin dem Betriebsrat unterbreitet und von Seiten der Firma untersucht werden solle, habe sie damit beantwortet, dass sie darauf keinen Wert lege und sie nicht möchte, dass dies nach außen dringe.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, dass die Kündigung vom 01.04.04 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht auflöst, sondern dieses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungszeitpunkt hinaus fortbesteht.
  2. Die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Sachbearbeiterin weiter zu beschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dieser Antrag ist im Wesentlichen damit begründet worden, dass die Vorwürfe der Klägerin im Gespräch mit ihrem Vorgesetzen Z., dass Herr X. sie sexuell belästigt habe, von Herrn X. aufs schärfste bestritten worden seien und er habe Strafanzeige gegen die Klägerin wegen falscher Verdächtigungen gestellt. Die Klägerin habe auch keine näheren Angaben machen können und lediglich mitgeteilt, dass sich der Vorfall vor Wochen zugetragen habe.

Die Klägerin sei wegen eigenmächtiger Urlaubsnahme im Mai 2000 mündlich abgemahnt worden, weil sie sich in ihrem Arbeitszeitkonto Überstunden aufgeschrieben habe, die nicht geleistet gewesen seien.

Am 17.12.2002 sei wegen der Beleidigung der Mitarbeiterin in der Verkaufsabteilung eine schriftliche Abmahnung erteilt worden.

Die Klägerin habe in dem Gespräch vom 26.03.2004, welches wegen Kritik an dem Arbeitsverhalten der Klägerin geführt wurde, aus heiterem Himmel behauptet, dass Herr X. sie sexuell belästigt habe. Die Klägerin habe genaue Angaben über den Ort oder den Zeitpunkt nicht machen können und auch nicht näher dargelegt, in welcher Art und Weise sie sich sexuell belästigt gefühlt habe. Der befragte Mitarbeiter X. habe den Vorwurf aufs Schärfste abgelehnt. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin offensichtlich aus Verärgerung über die Kritik an ihrer Arbeitsleistung sich veranlasst gesehen habe, einem Arbeitskollegen wider besserem Wissen eine strafbare Handlung vorzuwerfen, belaste das Arbeitsverhältnis so sehr, dass die fristlose Kündigung erklärt worden sei.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 08.07.2004 der Kündigungsschutzklage stattgegeben und den Beschäftigungsantrag deshalb zurückgewiesen, weil mittlerweile der Beendigungszeitpunkt 30.06.2004 verstrichen sei und eine Beschäftigung über diesen Zeitpunkt hinaus nicht verlangt werden könne. Die außerordentliche Kündigung sei jedoch deshalb nicht wirksam, weil der inhaltsleere Vorwurf der Klägerin, sie sei sexuell durch Herrn X. belästigt ...

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