Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen und Höhe des Annahmeverzugslohns. Wirksamkeit arbeitsvertraglich vereinbarter Verfallfristen

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Ausschlussfristenregelung in einem Formulararbeitsvertrag, die eine „schriftliche Geltendmachung“ von Ansprüchen innerhalb einer bestimmten Frist verlangt, verstößt gegen § 309 Nr. 13 lit. b BGB und ist damit unwirksam.

 

Normenkette

BGB § § 293 ff., § 309 Nr. 13 Buchst. b), § 611a Abs. 2, § 615; BUrlG § 5 Abs. 1-2, § 7 Abs. 3-4; GewO § 108; KSchG § 11 Nrn. 1, 3; SGB II § 11 Abs. 3, §§ 11b, 34c; SGB X § 115

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 27.08.2019; Aktenzeichen 3 Ca 551/19)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27. August 2019 - 3 Ca 551/19 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.211,64 EUR brutto abzüglich gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 3.936,60 EUR netto sowie abzüglich übergegangener 1.769,02 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

      1.300,00 EUR ab 11. Mai 2018 bis 10. Juni 2018,

      2.600,00 EUR ab 11. Juni 2018 bis 24. Juni 2018,

      2.578,13 EUR ab 25. Juni 2018 bis 03. Juli 2018,

      1.222,19 EUR ab 04. Juli 2018 bis 10. Juli 2018,

      2.522,19 EUR ab 11. Juli 2018 bis 24. Juli 2018,

      1.866,09 EUR ab 25. Juli 2018 bis 10. August 2018,

      3.166,09 EUR ab 11. August 2018 bis 26. August 2018,

      2.509,99 EUR ab 27. August 2018 bis 10. September 2018,

      3.809,99 EUR ab 11. September 2018 bis 23. September 2018,

      3.153,89 EUR ab 24. September 2018 bis 10. Oktober 2018,

      4.453,89 EUR ab 11. Oktober 2018 bis 24. Oktober 2018,

      3.863,40 EUR ab 25. Oktober 2018 bis 04. November 2018,

      3.698,40 EUR ab 05. November 2018 bis 10. November 2018,

      4.998,40 EUR ab 11. November 2018 bis 02. Dezember 2018,

      4.108,04 EUR ab 03. Dezember 2018 bis 10. Dezember 2018,

      5.408,04 EUR ab 11. Dezember 2018 bis 01. Januar 2019,

      4.025,04 EUR ab 02. Januar 2019 bis 10. Januar 2019,

      4.599,92 EUR ab 11. Januar 2019 bis 10. Februar 2019,

      5.167,15 EUR ab 11. Februar 2019 bis 10. März 2019 und

      5.506,02 EUR ab 11. März 2019

      zu zahlen.

    2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.600,00 EUR brutto abzüglich übergegangener 1.142,80 EUR netto zu zahlen.
    3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  • II.

    Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

  • III.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Annahmeverzugslohnansprüche und Urlaubsabgeltung.

Der Kläger war aufgrund befristeten Arbeitsvertrags vom 16. Februar 2017 (Bl. 39 - 46 d. A.) seit dem 15. Februar 2017 bei der Beklagten als Hausmeister mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden in einer 5-Tage-Woche gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 1.300,00 EUR beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war nach Ziffer 2.1 des Arbeitsvertrags bis 14. Februar 2019 befristet. Ziffer 5.3 des Arbeitsvertrags sieht vor, dass die Vergütung jeweils zum 10. des Folgemonats zahlbar ist. In Ziffer 15 des Arbeitsvertrags sind folgende Verfallsfristen geregelt:

"15. Verfallsfristen

15.1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

15.2. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich hiermit nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder nach dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. Dies gilt auch für Zahlungsansprüche, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden oder von dessen Ausgang abhängen.

15.3. Der Ausschluss nach den vorstehenden Ziffern gilt nicht, soweit ein Anspruch auf der Haftung wegen Vorsatz beruht oder ein gesetzlicher Mindestlohn geltend gemacht wird."

Die Parteien haben in einem Vorprozess darüber gestritten, ob ihr Arbeitsverhältnis vorzeitig am 27. März 2018 durch eine Kündigung der Beklagten beendet worden ist. In diesem vorangegangenen Rechtsstreit hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit - inzwischen rechtskräftigem - Urteil vom 05. Februar 2019 - 8 Sa 251/18 - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch eine mündliche Kündigung vom 27. März 2018 noch durch eine schriftliche Kündigung vom 27. März 2018 aufgelöst worden ist.

Mit seiner am 21. Mai 2019 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingereichten Klage, die der Beklagten am 24. Mai 2019 zugestellt worden ist, hat der Kläger Annahmeverzugslohnansprüche in Höhe von insgesamt 13.650,00 EUR brutto für die Zeit von April 2018 bis 14. Februar 2019 (10,5 Monate x 1.300,00 EUR brutto) geltend gemacht und Urlaubsabgeltung für insgesamt 30 Tage (3 Tage für 2017, 24 Tage für 2018 und 3 Tage für 2019) in Höhe von 1.920,...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?