Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung. Videoüberwachung. Kosten der Videoüberwachung als Schaden

 

Leitsatz (amtlich)

Die Übernahme der Kosten für die Videoüberwachung durch den Arbeitnehmer setzt voraus, dass ein konkreter Tatverdacht gegen den Arbeitnehmer besteht, der Arbeitnehmer der vorsätzlichen Pflichtverletzung überführt wird und diese Art der Observierung überhaupt zuässig ist. Diese Kosten sind von den nicht erstattungsfähigen Vorsorgekosten abzugrenzen.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 823 Abs. 2; StGB § 246

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 09.02.2007; Aktenzeichen 8 Ca 1587/06)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 09.02.2007 – Az: 8 Ca 1587/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über (Rest-) Lohnansprüche der Klägerin und Widerbeklagten (nachfolgend: Klägerin) für die Monate Januar bis Juni 2006 sowie Gegenansprüche des Beklagten und Widerklägers (nachfolgend: Beklagter) auf Zahlung von Schadensersatz.

Die Klägerin, geboren am 06.07.1963, verheiratet, war seit dem 01.05.2001 bei dem Beklagten, der eine Filiale der Bäckerei K. in M. als Franchiseunternehmer betreibt, als Bäckereifachverkäuferin gegen einen Stundenlohn in Höhe von 6,50 EUR beschäftigt. Der Umfang der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin war bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge fristloser Kündigung des Beklagten vom 14.06.2006 mit dem 16.06.2006 als geringfügig Beschäftigte gemeldet.

Das Arbeitsverhältnis wurde bis Dezember 2005 monatlich auf 650,– DM bzw. 400,– EUR abgerechnet. Für die Monate Januar bis Juni 2006 rechnete der Beklagte das Arbeitsverhältnis wie folgt ab:

Januar 2006:

318,63 EUR (inklusive Urlaubsentgelt in Höhe von 35,88 EUR)

Februar 2006:

249,10 EUR (inklusive Urlaubsentgelt in Höhe von 28,10 EUR)

März 2006:

400,00 EUR (inklusive Urlaubsentgelt in Höhe von 45,75 EUR)

April 2006:

344,50 EUR (inklusive Urlaubsentgelt in Höhe von 39,00 EUR)

Mai 2006:

381,16 EUR (inklusive Urlaubsentgelt in Höhe von 43,16 EUR)

Juni 2006:

197,86 EUR (inklusive Urlaubsentgelt in Höhe von 22,36 EUR).

Auf die Lohnabrechnungen der Monate Januar bis Juni 2006, die erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin übergeben wurden, wird Bezug genommen (vgl. Bl.109 – 113, 97 d.A.).

Für die Zeit ab August 2004 hat die Klägerin gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI auf die Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung verzichtet, was dazu geführt hat, dass der Beklagte Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 12 % des Lohns zu zahlen hatte und vom Lohn der Klägerin weitere 7,5 % ihres Entgelts an die Bundesknappschaft zu entrichten waren. Der Beklagte zog der Klägerin infolgedessen ab August 2004 monatlich 30,00 EUR vom abgerechneten Gehalt ab und zahlte den restlichen Betrag an die Klägerin aus. Die monatlich abgezogenen 30,00 EUR hat der Beklagte bis einschließlich Mai 2006 zunächst nicht abgeführt. Auf Veranlassung der Klägerin wurde ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingeleitet (Amtsgericht M., AZ: 3652 Js 022817/06). Am 18.10.2006 zahlte sodann der Beklagte einen Betrag in Höhe von 600,00 EUR an die Knappschaft B.S.

Für den Zeitraum von zwei Wochen (04.06.2006 bis 18.06.2006) ließ der Beklagte zwei Überwachungskameras im Verkaufsraum der Bäckerei, in dem sich zwei Verkaufskassen befinden, installieren. Eine Kamera war direkt über der von der Klägerin zu bedienenden Kasse 1 installiert, während die zweite Kamera die Totale um die Kasse der Klägerin aufnahm. Für die Bereitstellung dieser Videoüberwachungseinheit stellte die Sicherheitsfirma „p. V.” mit Schreiben vom 04.06.2006 einen Betrag über 1.740,00 EUR inklusive Mehrwertsteuer in Rechnung. Auf die Rechnung wird Bezug genommen (vgl. Bl. 60 d. A.).

Eine Auswertung dieser Videoüberwachungsaufnahmen ergab, dass die Klägerin während ihrer Arbeitszeit am 06.06.2006 mindestens 120,– EUR, am 08.06.2006 160,00 EUR sowie am 13.06.2006 weitere 140,– EUR entwendet hat. Nachdem die Klägerin am 16.06.2006 ihrer Tat überführt wurde und ein Strafverfahren beim Amtsgericht M. (AZ: 3556 Js 018994/06 403 Cs) eingeleitet worden ist, erging am 23.08.2006 ein Strafbefehl gegen die Klägerin wegen Unterschlagung von 420,00 EUR. Der Strafbefehl ist, nachdem die Klägerin Einspruch eingelegt hat, noch nicht rechtskräftig.

Die Klägerin machte vor dem Arbeitsgericht mit ihrer Klage zuletzt geltend, dass zwischen den Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden vereinbart gewesen sei. Dies lasse sich aus ihrem monatlichen Entgelt in Höhe von 400,– EUR entnehmen. Aus der Regelung des § 8 Abs. 1 SGB IV a. F. ergebe sich eine Arbeitsgrenze von 15 Stunden in der Woche, so dass der seitens des Beklagten behauptete flexible Arbeitseinsatz nicht möglich gewesen sei. Zumindest sei aber ein Festgehalt von zunächst 650,00 DM und dann 400,00 EUR vereinbart worden, was sich nicht zuletzt daraus ergebe, ...

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