Entscheidungsstichwort (Thema)

Arzt. Kündigung, fristlose. Mittagspause. Unfallambulanz. Fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die einmalige Weigerung eines Arztes einen als Notfall eingelieferten Patienten in seiner Mittagspause zu behandeln, vermag eine ohne vorherige Abmahnung ausgesprochene außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen.

 

Normenkette

BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 09.11.2004; Aktenzeichen 5 Ca 547/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 09.11.2004 – 5 Ca 547/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer außerordentlichen, hilfsweisen einer ordentlichen Kündigung mit Auslauffrist beendet worden ist.

Der Kläger ist seit dem 01.01.1974 bei der Beklagten beschäftigt. Er wurde am 18.08.1944 geboren und war zuletzt als Oberarzt mit einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von 6.800,00 EUR beschäftigt. Zwischen den Parteien ist ein Altersteilzeitverhältnis vereinbart. Die Freistellungsphase im Blockmodell soll am 01.05.2005 beginnen. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem GdB 50; er ist Diabetiker.

Am 02.06.2004 wurde ein Patient mit dem Notarztwagen in die Ambulanz eingeliefert. Der Kläger wurde herbeigerufen, lehnte aber die Aufnahme des Patienten unter Hinweis auf seine Mittagspause ab. Der Kläger behandelte den Patienten auch später nicht. Die Behandlung wurde dann von einer Oberärztin aus der Chirugie, Frau Dr. X., durchgeführt.

Nach Zustimmung des Integrationsamtes hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist. Hinsichtlich des Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf Blatt 7, 8 der Akte Bezug genommen.

Der Kläger hat vorgetragen,

von den ursprünglich drei in der Ambulanz beschäftigten Oberärzten sei einer ausgeschieden. Daher könne er die für ihn gesundheitlich notwendigen Pausen nicht einhalten. Am 02.06.2004 habe er bereits sechs Stunden durchgehend gearbeitet und zum fraglichen Zeitpunkt unbedingt eine Pause nehmen müssen. Zehn Meter vom Büro des Klägers entfernt sei die Unfallchirurgin Frau Dr. W. anwesend gewesen; diese habe die Behandlung lediglich deshalb nicht übernommen, weil sie nur Privatpatienten bei Berufsunfällen abrechnen dürfe und nicht normale Privatpatienten. Der eingelieferte Patient sei durch den Notarzt versorgt gewesen. Nach Kenntnis des Klägers habe es sich auch lediglich um einen Unterarmbruch gehandelt. Nach seiner Mittagspause sei er nicht mehr aufgefordert worden, den Patienten zu übernehmen.

Gegenstand eines von der Beklagten angeführten Gespräches am 24.03.2004 sei lediglich gewesen, dass aus der Kinderklinik Beschwerden gekommen seien, dass zu wenig Oberärzte dort seien. Danach habe der Kläger auch dort Visite gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten noch die außerordentliche Kündigung unter Beachtung einer Auslauffrist zum 31.01.2004 der Beklagten vom 28.06.2004 beendet worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

es sei ein schwer polytraumatisierter Patient eingeliefert worden. Dem Kläger sei auch der Zustand des Patienten geschildert worden. Der Pfleger V. habe seine Kollegin U. zum Kläger geschickt, um diesen zu verständigen. Der Kläger habe dann eine Behandlung unter Hinweis auf seine Mittagspause abgelehnt. Die Behandlung sei dann von Herrn Dr. T., einem Assistenzarzt, übernommen worden. Dieser habe dann noch einmal um oberärztliche Hilfe gebeten. Der Kläger sei mittlerweile aus der Pause zurück und mit einem anderen Patienten beschäftigt gewesen. Als der Pfleger V. ihn gebeten habe, sich jetzt um den eingelieferten Unfallpatienten zu kümmern, habe der Kläger gesagt, dass er „keine Zeit” habe. Daraufhin sei dann durch Frau Dr. X. eine Behandlung durchgeführt worden. Der Kläger habe die Organisationsverantwortung für die Ambulanz und für die Notaufnahme. Darauf sei er am 24.03.2004 hingewiesen worden. Es liege also in seiner eigenen Macht, die Arbeit so zu planen, dass er seine Pausen wegen des Blutzuckerspiegels nehmen könne. Im Gespräch am 24.03.2004 sei der Kläger auch auf Beanstandungen durch das Personal hingewiesen worden, weil er oft nicht komme, wenn er gerufen werde und patzig werde, wenn er telefonisch herbeigeholt werden solle. Der Hinweis auf Frau Dr. W. könne den Kläger nicht entlasten. Sie sei nicht für die Aufnahme von Patienten zuständig, sondern der Kläger.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – hat daraufhin durch Urteil vom 09.11.2004 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten, noch ...

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