Entscheidungsstichwort (Thema)
Anmeldung zur Zusatzversicherung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein öffentlicher Arbeitgeber, der zugunsten seiner Beschäftigten einer Zusatzversorgungseinrichtung (Zusatzversorgungskasse) beigetreten ist, ist aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten, seine Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt bei der Zusatzversorgungseinrichtung anzumelden, zu dem nach der Satzung dieser Versorgungskasse die Voraussetzungen einer Pflichtversicherung gegeben sind. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Pflicht zur Versicherung tarifvertraglich oder arbeitsvertraglich fixiert ist.
2. Ohne arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Grundlage begründet zwar der Beitritt zur Zusatzversorgungseinrichtung keine unmittelbaren Ansprüche der Arbeitnehmer, schafft jedoch ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer dahin, der Arbeitgeber werde entsprechend seiner satzungsmäßigen Verpflichtungen von den Möglichkeiten der Zusatzversorgung in ihrem Interesse Gebrauch machen. Dieser Vertrauenstatbestand entsteht unabhängig davon, ob der einzelne Arbeitnehmer konkrete Kenntnis von der bestehenden Versorgungsmöglichkeit hat. Es muß davon ausgegangen werden, daß es nicht zuletzt die Zusatzversorgung ist,die die Attraktivität der öffentlichen Dienstes ausmacht. Insoweit stellt sich der Beitritt eines öffentlichen Arbeitgebers zu einer Zusatzversorgungseinrichtung nicht lediglich als interner Akt dar, der nur die Beziehung zwischen dem Arbeitgeber und der Versorgungseinrichtung beträfe; der Beitritt hat vielmehr Außenwirkung, indem er die Bereitschaft des Arbeitgebers signalisiert, seine Arbeitnehmer im Rahmen der eingegangenen Mitgliedschaft zu versorgen.
Die dem Arbeitgeber obliegende Fürsorgepflicht verbietet es ihm, seine Arbeitnehmer in diesem Vertrauen zu enttäuschen.
3. Ist eine Anmeldung des Arbeitnehmers zur Zusatzversorgungskasse später als nach der Satzung der Versorgungseinrichtung möglich, erfolgt, trifft den Arbeitgeber eine Verpflichtung, den Arbeitnehmer über satzungsmäßige Nachversicherungsmöglichkeiten zu belehren.
Auch diese Verpflichtung folgt aus dem Fürsorgegedanken.
Orientierungssatz
Revision eingelegt - 3 AZR 81/91.
Normenkette
BGB §§ 242, 249, 276, 611
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 27.03.1990; Aktenzeichen 5 Ca 810/89 L) |
Nachgehend
Fundstellen
BetrAV 1991, 191-192 (T) |
ZTR 1991, 211 (L1-3) |
Bibliothek, BAG (LT1-3) |
LAGE § 611 BGB Fürsorgepflicht, Nr 22 (LT1-3) |