Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbrauchermarkt i.S.d. MTV-Einzelhandel R-P. Tarifauslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Rüge, dass ein Gericht die Grenzen zulässiger Tarifauslegung durch die Definition von nicht eindeutigen, im Tarifvertrag verwendeten Begriffen, überschritten hat, geht dann ins Leere, wenn im Anschluss hieran der entsprechende Tarifvertrag abgeändert wird, der definierte Begriff aber unverändert beibehalten wird. In diesem Falle haben die Tarifvertragsparteien die gefundene Definition in ihren Willen aufgenommen.

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 14.02.2000; Aktenzeichen 7 Ca 3494/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.11.2001; Aktenzeichen 8 AZR 117/01)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.02.2000 – Az: 7 Ca 3494/99 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den der Höhe nach unstreitigen Betrag von DM 1.330,84 brutto als Lohndifferenz für den Zeitraum Juli bis September 1999 zu zahlen. Die Klägerin ist als Kassiererin im Markt der Beklagten in Grünstadt/Pfalz, welcher eine Verkaufsfläche von 3.000 bis 4.000 qm auf zwei Etagen aufweist, seit 24.08.1998 120 Stunden monatlich beschäftigt und wird nach der Gehaltsgruppe G I des GTV-Rheinland-Pfalz vergütet.

Im Markt der Beklagten befinden sich im Erdgeschoss sechs Kassen nebeneinander und im 1. Stock weitere vier Kassen, an denen sämtliche Waren aller Abteilungen des Marktes abkassiert werden.

Die Klägerin hat die Klage, beim Arbeitsgericht am 23.12.1999 eingegangen, im Wesentlichen damit begründet, dass das Gehalt vom 01.07. bis 30.08.1999 nach der Gehaltsgruppe G III, erstes Tätigkeitsjahr DM 2.255,56 brutto (DM 3.054,– brutto dividiert durch 162 Stunden multipliziert mit 120 Stunden) betrage, worauf jedoch nur DM 1.583,39 brutto gezahlt worden seien, so dass für Juli 1999 ein Differenzbetrag von DM 672,17 brutto offen stünde und für August 1999 einer von DM 271,56 brutto, weil in diesem Monat DM 1.984,– brutto gezahlt worden sei. Ab 01.09.1999 sei sie in die Gehaltsgruppe G III nach dem zweiten Tätigkeitsjahr einzustufen, was einem anteiligen Anspruch von DM 2.373,11 brutto entspräche, worauf DM 1.984,– gezahlt worden seien, so dass weitere DM 387,11 brutto offen stünden.

[Ihr stünden jedoch die Bezüge nach der Gehaltsgruppe G III GTV-RP zu, weil sie in Kassenzonen eines Lebensmittel-Supermarktes bzw. an Sammelkassen beschäftigt sei].

Die von ihr ausgeübte Kassiertätigkeit stelle sich als die einer Kassiererin mit höheren Anforderungen im Sinne der Beispielsfälle der Gehaltsgruppe III GTV dar, weil sie in Kassenzonen eines Lebensmittel-Supermarktes sowie an Sammelkassen beschäftigt sei. Darüber hinaus sei sie Kassiererin in einem Verbrauchermarkt. In dem Markt würden Food- als auch Non-Food-Artikel angeboten, wobei von den etwa 26.000 verschiedenen Artikeln 22.000 im Foodbereich und 4.000 Artikel im sogenannten Non-Food-Bereich lägen.

Da auch überwiegend die Kundschaft sich selbst bediene, seien die Voraussetzungen, die das Bundesarbeitsgericht an die Qualifikation einer Verkaufsstelle als Lebensmittel-Supermarktstelle, erfüllt.

Sie arbeite auch in einer sogenannten Kassenzone, weil vier bzw. sechs Kassen jeweils nebeneinander angeordnet seien und wo die Kaufpreise für 95 % des Warenbestandes abkassiert würden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 1.330,84 nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Klägerin kein spezielles Merkmal der Gehaltsgruppe III des GTV-RP erfülle, da die Beklagte weder einen Verbrauchermarkt noch einen Lebensmittelsupermarkt betreibe, sondern ein SB-Warenhaus.

Von den insgesamt vertriebenen Artikeln seien 8.874 im Food- und 8.417 in Non-Food-Bereich vorhanden, wobei beim Abkassieren keine erweiteren Fachkenntnisse oder eine größere Verantwortung erforderlich sei, weil im Markt EDV-Scanner-Kassen installiert seien, wodurch die Tätigkeit sehr vereinfacht werde und verantwortungsentscheidende Denkvorgänge nicht mehr abgefordert würden.

Auch werde die Klägerin nicht an einer Sammelkasse eingesetzt, weil die Definition, die das Bundesarbeitsgericht hierfür gefunden habe, voraussetze, dass über einzelne Abteilungskassen hinausgehende Kasseneinrichtungen vorhanden sein müssten. Dies bedeute, dass an Sammelkassen bestimmte Angelegenheit erledigt werden müssten, die an den einzelnen Abteilungskassen nicht abteilungsübergreifend vorgenommen werden könnten oder sollten. Eine derartige Einrichtung gebe es in der Filiale Grünstadt nicht.

Da sich die Tätigkeit der Klägerin insgesamt als einfache Tätigkeit darstelle, zumal sie nach ihrem Arbeitsvertrag auch als Verkäuferin eingesetzt werden könne, sei die Gehaltsgruppe II richtig, wei...

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