Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindungsvereinbarung. Handelsregister. Kollusion. Publizität. Vertretung einer GmbH durch einen abberufenen Geschäftsführer. Publizität des Handelsregisters
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG wird die Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Nach § 10 Abs. 1 GmbHG sind bei der Eintragung einer GmbH in das Handelsregister die Personen der Geschäftsführer anzugeben, und nach § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer sowie die Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Ist eine Abberufung eines vormals eingetragenen Geschäftsführers nicht im Handelsregister eingetragen, kann einem Dritten die Abberufung nicht entgegenhalten werden.
2. Ein Kennenmüssen genügt nicht, weil der Dritte nicht zu Nachforschungen verpflichtet ist.
3. Kollusion liegt vor, wenn Vertreter und Vertragsgegner bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirken. Nach § 138 BGB wird der Vertretene dann nicht verpflichtet, muss sich das rechtsgeschäftliche Handeln des Vertreters nicht zurechnen lassen. Ebenso kann § 242 BGB einem Anspruch entgegenstehen, wenn der Vertragsgegner den Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Vertreter kennt oder sich ihm wegen der verdächtigen Begleitumstände ein entsprechender Verdacht aufdrängen muss. Die Berufung auf einen solchen Vertrag gilt als unzulässige Rechtsausübung und genießt nicht den Schutz der Rechtsordnung.
Normenkette
BGB §§ 138, 242; GmbH § 10; GmbH-G § 35; GmbHG §§ 37, 39; HGB § 15
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 21.01.2009; Aktenzeichen 10 Ca 768/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts M. vom 21.01.2009, 10 Ca 768/08, teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.156,00 EUR brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2008 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 22.156,00 EUR.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten zuletzt noch die Zahlung einer Abfindung.
Die Beklagte gehört zum Konzern der R.-Gruppe. Der Kläger, geboren am 20.12.1957, verheiratet und zwei minderjährigen Kindern unterhaltspflichtig, war seit dem 16.02.2001 für verschiedene Gesellschaften dieser Gruppe tätig, seit dem 15.01.2005 war er bei der Beklagten beschäftigt. Er bezog zuletzt ein monatliches Bruttoentgelt von 5.539,00 EUR zuzüglich Nebenleistungen (Tantieme, Dienstfahrzeug auch zur privaten Nutzung, Erstattung der durch die Zulassung des Klägers als Rechtsanwalt entstehenden Kosten).
§ 7 des Anstellungsvertrages vom 05.01.2004 sieht vor:
„Herr A. wird sich während der Dauer des Anstellungsvertrages nicht an einem Unternehmen beteiligen, das mit der Gesellschaft in Konkurrenz steht oder in wesentlichem Umfang Geschäftsbeziehungen zu der Gesellschaft unterhält. Anteilsbesitz, der keinen Einfluss auf die Organe des betreffenden Unternehmens ermöglicht, gilt nicht als Beteiligung im Sinne dieser Bestimmung.”
Unter dem Datum 22.02.2008 beantragte der Kläger die Bewilligung von Elternzeit für die Dauer eines Jahres ab dem 22.04.2008, die ihm unter dem 25.02.2008 von der Beklagten bewilligt wurde mit dem Zusatz, der Kläger dürfe während dieser Zeit im Rahmen des gesetzlich Zulässigen einer beruflichen Tätigkeit nachgehen.
Geschäftsführer der Beklagten war zunächst H. R.. Am 26.02.2008 hielten die Gesellschafter C. B. und N. R., die eine Anteilsmehrheit innehatten, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung ab, in der sie H. R. als Geschäftsführer abberiefen und N. R. zum neuen Geschäftsführer bestellten. Dies teilte N. R. dem Kläger am gleichen Tage mit, während H. R. den Kläger anwies, nicht mit N. R. zusammenzuarbeiten und keine Informationen herauszugeben. Am 27.02.2008 ordnete H. R. an, dass der Kläger seine Arbeit flexibel und gegebenenfalls von zu Hause aus zu erledigen habe. Am 27. oder 28.02.2008 ließ N. R. den Computer des Klägers aus dessen Büro entfernen, weil er angeblich Urkunden gefälscht habe. Am 28.02.2008 bewilligte H. R. dem Kläger Urlaub für die Zeit vom 10.03. bis zum 22.04.2008. Vom 03. bis zum 07.03.2008 betreute der Kläger seine erkrankte Tochter.
Mit Schreiben vom 10.03.2008 verweigerte das Amtsgericht M. die Eintragung von N. R. als Geschäftsführer der Beklagten, da die Beschlüsse vom 26.02.2008 unter Missachtung von Frist und Form gefasst worden seien.
Unter dem 17.03.2008 schlossen der Kläger und H. R. im Namen der Beklagten eine Abfindungsvereinbarung. Diese sah Folgendes vor:
„Am 26.02.2008 haben die Gesellschafter der R. C. B. und N. R., die am 22.02.2008 weitere Gesellschaftsanteile an der R. erworben haben, und nun zusammen 80 % der Gesellschaftsanteile halten unter bewusstem Verstoß gegen die gesellschaftsvertraglichen Einladungsfristen und Bestimmungen zur Tage...