Entscheidungsstichwort (Thema)
AGB. Betriebsrat. Mitbestimmungsrecht. Versorgungsordnung. Kapitalisierungsvorbehalt in Versorgungsordnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Entscheidungen der Arbeitgeber, laufende Betriebsrenten zu kapitalisieren und die Durchführung dieser Entscheidung unterliegen nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats.
2. Nach Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB sind Bestimmung der §§ 305 ff. BGB für vor In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes abgeschlossene Altverträge seit dem 01.01.2003 anzuwenden, wobei die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit Einschränkungen gebieten, die vor allem die Anforderungen an die transparente Vertragsgestaltung (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) betreffen.
Normenkette
BetrVG § 3 a.F., § 87 Abs. 1 Nrn. 10, 8; BGB §§ 315, 305 ff.
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 29.11.2006; Aktenzeichen 4 Ca 1457/06) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 29.11.2006 – 4 Ca 1457/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin eine monatliche Betriebsrente zahlen muss oder berechtigt war, den Anspruch der Klägerin auf betriebliche Altersversorgung durch eine Kapitalzahlung abzulösen.
Die am 26.11.1936 geborene Klägerin war von November 1957 bis zum 30.09.1993 bei der Beklagten beschäftigt. Mit Urkunde vom 01.10.1960 gewährte die Beklagte der Klägerin die Teilnahme an der 1952 geschaffenen betrieblichen Versorgungseinrichtung. Diese wurde unter dem 01.01.1982 durch eine neue Versorgungsordnung (VO) ersetzt. Beide Versorgungsregelungen enthalten einen Vorbehalt für die Beklagte, im Versorgungsfall oder später die Rente abzulösen. So lautet die Versorgungsordnung vom 01.01.1982, die als Versorgungsleistungen in Ziffer II die Altersrente, vorgezogene Altersrente und Witwenrente vorsieht in Ziffer IX (2):.
„Die Firma behält sich vor, jederzeit anstelle der laufenden Rente ein wertgleiches Kapital zu zahlen. Die Höhe der Kapitalzahlung entspricht dem Barwert der Rente, ermittelt nach den Rechnungsgrundsätzen der Berechnungsgrundlage des Gutachtens über Pensionsrückstellungen gemäß § 6 a Einkommenssteuergesetz zum letzten Bilanzstichtag”.
Auf den Inhalt der Versorgungsordnung vom 01.01.1982 wird verwiesen (vgl. Bl. 5 bis 15 des Anlagenhefters). Seit 1984 besteht in dem bislang betriebsratslosen Betrieb der Beklagten ein Betriebsrat.
Mit Schreiben vom 30.09.1993 wurde der Klägerin durch die Beklagte bescheinigt, dass ihr zum vorgesehenen Pensionsalter von 65 Jahren eine Rentenanwartschaft über 472,40 DM monatlich zusteht und sich durch ihr vorzeitiges Ausscheiden diese Anwartschaft auf einen Teilanspruch in Höhe von 384,87 DM reduziert (vgl. Bl. 19 d. Anlagenordners). Vom 01.10.1993 bis 30.09.2003 bezog die Klägerin eine monatliche Rente, die sich zuletzt auf 137,74 EUR belief. Mit Schreiben vom 31.10.2003 teilte die Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf IX (2) der Versorgungsordnung vom 01.01.1982 folgendes mit:
”Der Barwert Ihrer Rente hatte zum letzten Bilanzstichtag, dem 31.12.2002, gemäß der versicherungsmathematischen Berechnung eine Höhe von 17.705,00 EUR. Abzüglich der bereits in 2003 geleisteten neuen Rentenzahlungen, Januar bis September zusammen 1.239,66 EUR, ergibt sich ein einmaliger Auszahlungsbetrag von 16.465,34 EUR.
Diese Renten-Schlusszahlung erfolgt mit der Abrechnung Oktober 2003 und wird der Krankenkasse aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen mitgeteilt. Die Steuern werden entsprechend den Eintragungen auf Ihrer Lohnsteuerkarte abgeführt. Wir empfehlen Ihnen daher, einen Lohnsteuerjahresausgleich für 2003 vorzunehmen.
…”
Auf das Schreiben vom 31.10.2003 wird Bezug genommen (vgl. Bl. 20 des Anlagenordners). Dem Schreiben war eine Steuerabrechnung beigefügt, wonach der der Klägerin nach Abzug der Lohn- (Einkommens-) Steuer verbleibende Betrag mit 7.860,10 EUR beziffert wurde. Dieser Betrag wurde der Klägerin am 04.11.2003 ausgezahlt. Die Differenz zu den 16.465,34 EUR (8.605,74 EUR) wurde der Klägerin und ihrem Ehemann im Rahmen des Steuerausgleichs für das Kalenderjahr 2003 durch das Finanzamt zurückerstattet.
Die Mitteilung vom 31.10.2003 ging in der selben Form mit divergierenden Beträgen im Sommer 2003 allen anderen damaligen Betriebsrentnern der Beklagten zu, die ebenfalls einen kapitalisierten Betrag erhielten. Von der Kapitalisierung wurden im August 2003 13 Arbeitnehmer, im Oktober 2003 37 Arbeitnehmer und im August 2004 ein weiterer Arbeitnehmer erfasst, so dass insgesamt 51 Arbeitnehmer hiervon betroffen sind. Eine Beteiligung des Betriebsrats anlässlich der Entscheidung der Beklagten zur Kapitalisierung erfolgte nicht. Die seit dem 01.01.2005 in Rente gegangenen Arbeitnehmer erhalten wieder eine monatliche Rente und keinen kapitalisierten Betrag.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen,
der Betriebsrat habe nach § 87 BetrVG bei der Entscheidung der Beklagten, ihren Rentenanspruch durch ein Kapital ...