Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung. Dienst-PC. Erotikdateien. Internet. Privatnutzung. Kuendigung wegen Privatnutzung eines Dienst-Computers
Leitsatz (amtlich)
Im vorliegenden Fall liegt keine sog. exzessive Privatnutzung des Dienst-PCs bzw. des Internets vor, so dass die ordentliche Kündigung schon deshalb unwirksam ist, weil die Beklagte den Kläger zunächst hätte abmahnen müssen (im Anschluss an BAG Urteil vom 31.05.2007 – 2 AZR 200/06).
Leitsatz (redaktionell)
Hat der Arbeitnehmer in einem Zeitraum von nahezu sechs Monaten insgesamt fünf Stunden Erotikbilddateien im Internet betrachtet, liegt hierin zwar eine Verletzung der Arbeitspflicht, eine „ausschweifende” bzw. „exzessive” Nutzung, die eine schwere Pflichtverletzung darstellen würde, kann bei diesem zeitlichen Umfang jedoch nicht angenommen werden.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 10.03.2005; Aktenzeichen 7 Ca 2183/04) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 10. März 2005 – Az.: 7 Ca 2183/04 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Revision, zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten (noch) über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 06.12.2004 zum 28.02.2005, die die Beklagte auf eine unerlaubte Privatnutzung des Dienst-PCs während der Arbeitszeit stützt.
Der verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem 01.01.1999 im Baubetrieb der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin zu einer Bruttomonatsvergütung von EUR 3.500,00 als Bauleiter beschäftigt.
Am 04.12.2004 überprüfte die Beklagte den dem Kläger zur Verfügung gestellten Dienst-PC. Auf diesen konnten auch andere Mitarbeiter, zumindest Frau K. und Herr E., Zugriff nehmen. Eine betriebliche Regelung über die private Nutzung des Dienst-PCs besteht nicht. Bei der Überprüfung sicherte die Beklagte eine Reihe von Bild- und Videodateien mit teilweise erotischem Inhalt und stellte außerdem fest, dass von diesem Dienst-PC im Internet Erotikseiten aufgesucht worden waren. Der Kläger hatte für einige Tage, an denen die genannten Dateien aufgerufen worden waren, Überstunden bei der Beklagten abgerechnet.
Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 06.12.2004 das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich, hilfsweise ordentlich.
Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt und seine Weiterbeschäftigung begehrt. Er hat geltend gemacht: Er habe den Dienst-PC während der Arbeitszeit nicht privat genutzt, um sich DVDs oder Videodateien mit erotischem Inhalt anzusehen. Er habe auch keine Internetseiten mit erotischem Inhalt aufgerufen. Er habe an einigen von der Beklagten genannten Tagen gar keinen Zugriff auf den Dienst-PC gehabt. Beispielsweise sei er am Samstag, den 21.02.2004 nicht im Betrieb, sondern auf einer Baustelle in G. gewesen.
Der Kläger hat – soweit noch von Bedeutung – erstinstanzlich beantragt,
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten gemäß Schreiben vom 06.12.2004 aufgelöst worden ist,
- für den Fall des Obsiegens, die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits zu den bisherigen Arbeits- und Vertragsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt: Die ordentliche Kündigung sei aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Der Kläger habe im Jahr 2004 während der Arbeitszeit sich Erotikbilddateien, die er selbst durch CD oder DVD auf den Dienst-PC geladen bzw. sich aus dem Internet gezogen habe, angesehen. Diese Vertragspflichtverletzung wiege umso schwerer, als er an diesen Tagen jeweils Überstunden zu Unrecht geltend gemacht habe.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit Urteil vom 10.03.2005 (7 Ca 2183/04) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten noch durch die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung aufgelöst worden ist und die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts mit Urteil vom 08.09.2005 (Az.: 6 Sa 311/05) die erstinstanzliche Entscheidung teilweise abgeändert. Es hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung beendet worden ist. Im Übrigen hat es auf die Berufung der Beklagten das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.
Auf die vom Landesarbeitsgericht für den Kläger zugelassene Revision hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 31.05.2007 (2 AZR 200/06 – NZA 2007, 922) das Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 08.09.2005 teilweise aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen hat und den Rechtsstreit in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision...