Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Arbeitsvertrages hinsichtlich der dort vereinbarten Eingruppierung in eine tarifliche Entgeltguppe. Abgrenzung von individualvertraglicher Vereinbarung einer bestimmten Entgeltgruppe und deklaratorischer Eingruppierung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Bezeichnung der Vergütungsgruppe in einem Arbeitsvertrag oder in einer Eingruppierungsmitteilung kann grundsätzlich nicht als sogenannten konstitutive Entgeltvereinbarung ausgelegt werden, wenn sich nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, dass allein die tarifliche oder andere in Bezug genommene Eingruppierungsbestimmungen und nicht die angegebene Entgeltgruppe für die Ermittlung der zutreffenden Entgelthöhe maßgebend sein sollen. Denn grundsätzlich soll mit der Angabe des "Einstelllohns" als Tariflohn einer bestimmten Entgeltgruppe lediglich die sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach Auffassung der Arbeitsvertragsparteien unter Zugrundelegung der tariflichen Bestimmungen zutreffende Tarifgruppe angegeben werden.

2. Wird weiter vereinbart, dass nach der Probezeit eine Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe erfolgen soll, die erweiterte Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzt, so kann dem lediglich entnommen werden, dass die Arbeitsvertragsparteien bei Abschluss des Vertrages prognostisch davon ausgegangen sind, dass der Arbeitnehmer nach der Probezeit die Eingruppierungsmerkmale der höheren Entgeltgruppe erfüllen würde.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 05.06.2016; Aktenzeichen 12 Ca 2697/14)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 5. Juli 2016, Az. 12 Ca 2697/14, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob der Kläger aufgrund einer individualvertraglichen Zusage nach der Entgeltgruppe E 05 des Bundesentgelttarifvertrags für die chemische Industrie mit den Modifikationen durch einen firmenbezogenen Verbands- und Überleitungstarifvertrag zu vergüten ist.

Die Beklagte ist auf dem Gebiet der Verarbeitung und Entwicklung hochwertiger flexibler Packstoffe tätig und führender Erzeuger von Verpackungen für Lebensmittel und Hersteller von Folien. Sie beschäftigt am Standort A-Stadt circa 250 Mitarbeiter. Im dortigen Betrieb existiert ein Betriebsrat.

Der Kläger ist aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 25. Mai 1988 seit dem 1. Juni 1988 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern (seinerzeit "Z. GmbH") als Maschinenbediener beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält eine Bezugnahme auf die "maßgeblichen Tarifverträge der chemischen Industrie".

Ausweislich eines Formulars "Personal-Veränderung" sollte "mit Wirkung vom 01.09.95" "folgende Änderung" "in Kraft treten: Entgelterhöhung, Versetzung". Als Begründung ist angegeben: "Eingruppierung in Entgeltgarantiegruppe E-05 nach 3Tätigkeitsjahren"). Wegen des Inhalts dieser "Personal-Veränderung" im Einzelnen wird auf Bl. 225 d. A. Bezug genommen.

Mit weiterem Formular "Personal-Veränderung" vom 19. August 1998 wurden eine "Entgelterhöhung" von der Entgeltgruppe "E 05/3-Jahre" auf "E 05/6-Jahre" sowie eine Erhöhung der Entgeltgarantie unter Wegfall einer übertariflichen Zulage festgehalten. Wegen des Inhalts dieser "Personal-Veränderung" im Einzelnen wird auf Bl. 224 d. A. Bezug genommen.

Unter dem 12. Mai 2014 schlossen der Bundesarbeitgeberverband Chemie e.V. und der Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. einerseits und die IG BCE und die IG BCE, Landesbezirk Rheinland-Pfalz/Saarland, andererseits rückwirkend ab dem 15. Dezember 2013 einen "firmenbezogenen Verbandstarifvertrag für die C. gemäß Fußnote 1 Abs. 3 zum Manteltarifvertrag vom 24. Juni 1992 i.d.F. vom 16. April 2008" (im Folgenden: FVTV) für die Beklagte, der bis zum 31. Dezember 2018 Geltung haben soll. Dieser sieht unter anderem vor, dass für die Beschäftigen der Beklagten ein um 9 % abgesenkter Tarifvertrag zur Anwendung kommt (vgl. § 4 Abs. 1). Zudem soll sich die Zuweisung der Tätigkeiten auf die im Bundesentgelttarifvertrag definierten Entgeltgruppen aus der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12. Mai 2014 zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten ergeben (§ 3). Wegen des Inhalts des FVTV im Übrigen wird auf Bl. 87 ff. d. A. Bezug genommen.

An demselben Tag schlossen die Beklagte und die IG BCE zur weiteren Ergänzung einen "Überleitungstarifvertrag" (im Folgenden: Ü-TV) mit Wirkung zum 15. Dezember 2013. Wegen des Inhalts des Ü-TV wird auf Bl. 90 ff. d. A. Bezug genommen.

Zur Anpassung der Eingruppierung der Mitarbeiter der Beklagten schlossen die Beklagte und der Betriebsrat der Beklagten sodann am 30. Juni 2014 mit Wirkung zum 12. Mai 2014 eine "Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur" ab. Wegen deren Inhalts wird auf Bl. 93 ff. d. A. Bezug geno...

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