Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung der Überbrückungsbeihilfe nach § 4 TVSozSich auf Arbeitslosenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dem Wortlaut des § 4 TVSozSich lässt sich auch bei Beachtung des tariflichen Gesamtzusammenhangs nicht entnehmen, dass der entlassene Arbeitnehmer eine Überbrückungsbeihilfe in Höhe von 90 % des ursprünglichen Arbeitsentgelts verlangen kann, wenn er keine oder nur eine gekürzte Arbeitslosenhilfe erhält.

2. Durch die Rechtsänderungen durch Art. 11 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) (§ 242 x Abs. 7 i.V.m. § 138 Abs. 3 Nr. 4 AFG, § 194 SGB III) sind Leistungen des früheren Arbeitgebers, die unter Anrechnung der Arbeitslosenhilfe erbracht werden, bei der Arbeitslosenhilfe als Einkommen zu berücksichtigen. Hierdurch ist in § 4 Ziffer 2 a TVSozSich seit dem 01.04.1997 eine nachträgliche tarifliche Regelungslücke entstanden.

3. Da zur Schließung dieser Regelungslücke verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht kommen, muss es den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben, durch entsprechende Vereinbarungen diejenige Lösung auszuhandeln, die nach ihren Vorstellungen im Hinblick auf den Zweck der Regelungen am besten geeignet ist, die entstandene Lücke zu schließen. Eine richterliche Anpassung des Tarifinhalts scheidet daher aus.

 

Normenkette

TVSozSich § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 15.07.1998; Aktenzeichen 3 Ca 2563/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.07.2002; Aktenzeichen 6 AZR 239/02)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Kaisers lautern vom 15.07.1998 – Az.: 3 Ca 2563/97 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Tenor wird zur Klarstellung wie folgt, neu gefasst:

Die Klage wird als zur Zeit unbegründet abgewiesen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag vom 31.08.1971 zur Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVSozSich).

Der Kläger (geb. am 24.10.1943) war vom 07.04.1982 bis zum 30.09.1994 bei den amerikanischen Stationierungsstreitkräften, zuletzt als Kraftfahrzeuginspekteur in der US-Dienststelle zu einer Bruttomonatsvergütung von 4.342,– DM monatlich beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der TVAL II aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung. Das Arbeitsverhältnis wurde aus Anlass der Truppenreduzierung mit Ablauf des 30.09.1994 beendet. Der Kläger ist seither arbeitslos. Er bezog bis zum 28.11.1996 Arbeitslosengeld und seit dem 29.11.1996 Arbeitslosenhilfe.

Die Beklagte gewährte dem Kläger für die Dauer von vier Jahren bis zum 30.09.1998 Überbrückungsbeihilfe nach § 4 TVSozSich. Die Bestimmung lautet – soweit vorliegend von Interesse – wir folgt:

§ 4

Überbrückungsbeihilfe

1) Überbrückungsbeihilfe wird gezahlt:

  1. zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte,
  2. zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Anlaß von Arbeitslosigkeit oder beruflichen Bildungsmaßnahmen (Arbeitslosengeld/-hilfe, Unterhaltsgeld),
  3. zum Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung bei Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung oder zum Verletztengeld der gesetzlichen Unfallversicherung bei Arbeitsunfähigkeit infolge Arbeitsunfall,

2.

  1. (1) Die Überbrückungsbeihilfe zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit (Ziffer 1 b) wird in den Fällen des § 44 Abs. 4, der §§ 115, 121, 123, 126, 233 Abs. 2 AFG nach dem ungekürzten Arbeitslosen- bzw. Unterhaltsgeld berechnet; entsprechendes gilt für die Arbeitslosenhilfe.

    (2) Für Zeiten der Arbeitslosigkeit, in denen der Arbeitnehmer die Anspruchsvoraussetzungen auf Arbeitslosenhilfe nur deshalb nicht erfüllt, weil er im Sinne des § 134 Abs. 1 Nr. 3 AFG nicht bedürftig ist, wird die zuvor zum Arbeitslosengeld gezahlte Überbrückungsbeihilfe innerhalb des Anspruchszeitraumes nach Ziffer 5 insgesamt bis zur Dauer von 52 Wochen – längstens jedoch bis zum Ablauf des Anspruchszeitraums – weitergezahlt.

  2. Für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung oder Arbeitsunfall (Ziffer 1 c), wird die Überbrückungsbeihilfe zum Krankengeld oder Verletztengeld innerhalb eines Kalenderjahres insgesamt bis zur Dauer von 12 Wochen gezahlt – längstens jedoch bis zum Ablauf des Anspruchszeitraums gem. Ziff. 5.

3)

  1. (1) Bemessungsgrundlage der Überbrückungsbeihilfe zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung (Ziffer 1 a) ist die tarifvertragliche Grundvergütung nach § 16 Ziffer 1 a TVAL II, die dem Arbeitnehmer aufgrund seiner arbeitsvertraglichen regelmäßigen Arbeitszeit im Zeitpunkt der Entlassung für einen vollen Kalendermonat zustand…
  2. Bemessungsgrundlage der Überbrückungsbeihilfe zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit (Ziffer 1 b) und der gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung (Ziffer 1 c) ist die um die gesetzlichen Lohnabzüge verminderte Bemessungsgrundlage nach vorstehendem Abs. a)…

4) Die Überbrückungsbeihilfe beträgt: im 1. Jahr nach der Beendigung des Arbeitsv...

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