Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Klausel zur Rückzahlung von Ausbildungskosten bei Anknüpfung der Kostentragungspflicht des Auszubildenden an vorzeitige Beendigung der Ausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit durch den Auszubildenden
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Vereinbarung zur Rückzahlung von Ausbildungskosten benachteiligt den Auszubildenden unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn die Kostentragungspflicht des Auszubildenden ausnahmslos an eine vorzeitige Beendigung der Ausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit durch ihn selbst anknüpft und nicht danach unterscheidet, ob der Grund für die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses dem Bereich der Ausbilderin oder dem Bereich des Auszubildenden entstammt, so dass die Kostentragungspflicht ohne Einschränkung auch dann eingreift, wenn die Kündigung des Auszubildenden durch die Ausbilderin (mit-)veranlasst ist (etwa durch ihr vertragswidriges Verhalten).
2. Der Umstand, dass nach dem Ausbildungsvertrag nicht die Ausbilderin sondern der Auszubildende die Verpflichtung zur Tragung der im Rahmen der Ausbildung anfallenden Kosten eingeht und die Ausbilderin dem Auszubildenden zur Erfüllung dieser Verpflichtung ein "bedingt rückzahlbares Darlehen" einräumt, ist für die Frage der Erstattungspflicht des Auszubildenden ohne Bedeutung; der Erstattung von Ausbildungskosten sind bei einer solchen Regelung dieselben Grenzen gesetzt wie bei einer unmittelbaren Kostentragung durch die Arbeitgeberin, wenn ihre Bindungsintensität und Bindungsfolge denen einer typischen Rückzahlungsvereinbarung entsprechen.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 1, § 611 Abs. 1; BBiG § 10 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 10.12.2013; Aktenzeichen 4 Ca 453/13) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 10.12.2013 - 4 Ca 453/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Ausbildungskosten.
Am 13. April 2012 schlossen die Parteien einen Ausbildungsvertrag (Bl. 7 - 9 d. A.) zur Ausbildung des Beklagten als operationstechnischer Assistent (OTA), der u. a. folgende Regelungen enthält:
"§ 1 Art und Ziel der Ausbildung
Der Auszubildende wird als operationstechnischer Assistent gemäß den Empfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft zur Ausbildung und Prüfung von Operationstechnischen Assistentinnen/Assistenten vom 31.03.2004 ausgebildet. Es handelt sich dabei nicht um eine Ausbildung im Rahmen des Berufsbildungsgesetzes.
§ 2 Beginn und Dauer der Ausbildung; Probezeit
(1) Die Ausbildung beginnt am 01. Oktober 2012 und dauert 3 Jahre.
(2) Die ersten 6 Monate sind Probezeit.
§ 3 Grundsätzliches über das Rechtsverhältnis
(1) Das Ausbildungsverhältnis bestimmt sch in sinngemäßer Anwendung des Tarifvertrages für Auszubildende des öffentlichen Dienstes (TVAöD) - Allgemeiner Teil - in Verbindung mit dem TVAöD - Besonderer Teil Pflege - vom 13. September 2005 und den diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Ergänzend werden hierzu die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft am 31.03.2004 veröffentlichten Empfehlungen zur Ausbildung und Prüfung von Operationstechnischen Assistentinnen/Assistenten mit in Bezug genommen.
§ 4 Ausbildungsmaßnahmen in einer anderen Einrichtung
Der Auszubildende ist verpflichtet, die Teile der Ausbildung, die in einer anderen Einrichtung durchgeführt werden, in dieser Einrichtung abzuleisten. Grundlage hierzu bildet insbesondere der Kooperationsvertrag mit einem Ausbildungspartner des Ausbildungsträgers.
§ 10 des Tarifvertrages für Auszubildende des öffentlichen Dienstes (TVAöD) -Besonderer Teil Pflege vom 13.09.2005 findet ausdrücklich keine Anwendung.
(...)
§ 6 Zahlung und Höhe des Ausbildungsentgeltes/Tragen der theoretischen Ausbildungskosten
(...)
(4) Die im Rahmen der Ausbildung anfallenden Kosten für die theoretische Ausbildung an einer schulischen Einrichtung im Rahmen des bestehenden Kooperationsvertrages zwischen Schule und Ausbildungsträger sind incl. evtl. Reisekosten u. Ä. im Sinne von § 10 des TVAöD - Besonderer Teil Pflege - trägt der/die Auszubildende.
(...)
§ 8 Voraussetzungen, unter denen der Ausbildungsvertrag gekündigt werden kann
Der Ausbildungsvertrag kann
- während der Probezeit von beiden Seiten jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist
- nach der Probezeit (§ 2 des Ausbildungsvertrages) unbeschadet der gesetzlichen Kündigungsgründe nur
a) aus einem sonstigen wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist,
b) vom Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen gekündigt werden.
(...)"
Weiterhin vereinbarten die Parteien am 16. Juli 2012 eine "Rückzahlungsklausel zum Ausbildungsvertrag OTA" (Bl. 13 - 15 d. A.), die auszugsweise folgenden Inhalt hat:
"§ 1 Art und Dauer der Ausbildung
Herr C. nimmt in der Zeit vom 01.10.2012 bis 30.06.2015 an einer Ausbildung zum operationstechnischen Assistenten (OTA) im Rahmen einer Ausbildungsko...