Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbegründete Rückforderungsklage unter Anfechtung des Arbeitsvertrages bei unzureichenden Darlegungen des Insolvenzverwalters zur Hingabe eines Darlehens oder einer "Schenkung" ohne tatsächliche Arbeitsleistung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Den anfechtenden Insolvenzverwalter trifft die primäre Darlegungs und Beweislast für das Vorliegen eines unentgeltlichen Geschäfts. Er ist dafür darlegungs und beweispflichtig, dass es sich bei einem schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrag um ein Scheingeschäft im Sinn des § 117 Abs. 1 BGB gehandelt hat. Gleichfalls ist der anfechtende Insolvenzverwalter darlegungs und beweispflichtig für den Einwand, der Arbeitsvertrag sei nicht abredegemäß durchgeführt worden, die beklagte Partei habe das Entgelt nur wegen der Hingabe eines Darlehens bzw. als Schenkung erhalten und sei nicht tätig geworden.

2. Der Grundsatz der vollen Darlegungslast des anfechtenden Insolvenzverwalters bedarf insbesondere dann einer Einschränkung, wenn er außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt nicht ermitteln kann, während der beklagten Partei die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist. Das setzt aber voraus, dass der anfechtende Insolvenzverwalter alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um seiner primären Darlegungslast zu genügen.

 

Normenkette

BGB § 117 Abs. 1, §§ 134, 138; InsO § 134 Abs. 1, § 143; UWG § 16 Abs. 2; BGB § 611 Abs. 1; InsO § 129 Abs. 1, § 143 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 20.03.2014; Aktenzeichen 10 Ca 3542/13)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Az.: 10 Ca 3542/13 - vom 20. März 2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen der Insolvenzanfechtung über die Rückzahlung von Entgelt zur Insolvenzmasse.

Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 1. Oktober 2010 zum Insolvenzverwalter für das am gleichen Tag vor dem Amtsgericht Bonn eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Z. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) - Az. 00000 - bestellt. Der erste Insolvenzantrag war am 20. August 2010 gestellt worden. Neben der Schuldnerin existiert eine Y. GmbH, deren Geschäftszweck die Finanzverwaltung und Durchführung von Schulungen und Seminaren im Bereich des Devisenhandels sowie die Verwaltung des eigenen Vermögens ist.

Die Schuldnerin und die 1977 geborene Beklagte schlossen am 14. Oktober 2009 einen unbefristeten Vertrag über geringfügige Beschäftigung für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009. Der "Vertrag über eine geringfügige Beschäftigung" (Anlage K 3, Bl. 16 ff. d. A.) enthält unter anderem folgende Regelungen:

"'§ 1 Tätigkeit

1. Die Arbeitnehmerin wird ab dem 01.10.2009 unbefristet als Angestellte im Bereich Marketing eingestellt.

2. Die Arbeitnehmerin verpflichtet sich, im Bedarfsfall auch andere, ihr zumutbare Tätigkeiten im Betrieb der Arbeitgeberin zu übernehmen. Eine Gehaltsminderung darf hiermit jedoch nicht verbunden sein.

§ 2 Arbeitszeit

1. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt monatlich 40 Stunden.

2. Die zeitliche Verteilung, Arbeitsbeginn und -ende orientieren sich an den betrieblichen Erfordernissen und werden jeweils am Ende einer Woche für die nächste festgelegt.

§ 3 Arbeitsentgelt

1. Das Arbeitsentgelt beträgt je Monat 400,00 EUR brutto.

2. Das Arbeitsentgelt wird brutto gleich netto ausgezahlt, wenn eine Freistellungsbescheinigung des zuständigen Finanzamtes vorgelegt wird. Anderenfalls wird die Bruttovergütung vermindert um die gesetzlichen Abzüge ausbezahlt.

3. Die Bezüge werden nachträglich am Ende des Monats durch Überweisung (...) überwiesen.

(...)".

Die Beklagte gewährte der Schuldnerin mit Datum vom 14. Oktober 2009 (Anlage K 2, Bl. 13 ff. d. A.) ein Nachrangdarlehen in Höhe von 10.000,00 Euro. Die Gewährung dieses Nachrangdarlehens beruhte auf den Darlehensbedingungen (Stand: August 2009) sowie auf dem dazugehörigen Beteiligungsexposé (Stand: August 2009, Anlage K 9, Bl. 51 ff. d. A.). Diese lauten auszugsweise:

"§ 1

'Darlehensaufnahme und Verwaltung der Darlehensgeber

1. Die Y. GmbH (im Folgenden auch Gesellschaft genannt) nimmt bei Anlegern (im Folgenden auch Darlehensgeber) Nachrangdarlehen mit einem Gesamtbetrag von Euro 10.000.000,- (in Worten: Euro Zehn Millionen) auf.

2. (...)

§ 2

Darlehensgeber, Zeitpunkt der Darlehensgewährung

(...)

§ 3

Zinsen, Fälligkeit

1. Die Nachrangdarlehen werden vorbehaltlich des § 5 während der Laufzeit gemäß § 4 Abs. 1 mit 10 % p. a. bezogen auf den valutierten Darlehensbetrag verzinst. Ab Laufzeitende bis zur Rückzahlung wird das Darlehen nicht verzinst.

(...)

§ 4

Laufzeit, Kündigung, Rückzahlung

1. Die Laufzeit des nachrangigen Darlehens ist unbestimmt. Eine Kündigung ist frühestens zum Ablauf der Mindestlaufzeit von zwei Kalenderjahren zulässig. Nachfolgend ist eine Kündigung jeweils zum Ablauf des folgenden Kalenderjahres zulässig. Die Mindestlaufzeit beginnt am Gewährungszeitpunkt...

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