Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug. Fürsorgepflicht. Leistungseinschränkung. Schadensersatz. Annahmeverzug und Schadensersatz wegen Verletzung eines SchwGrechts
Leitsatz (redaktionell)
1. Da der Arbeitgeber über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat, können an seinen Vortrag zum Leistungsunvermögen keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es genügt daher, wenn er Indizien vorträgt, aus denen auf Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden kann. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers die Indizwirkung zu erschüttern.
2. Aus § 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB IX resultiert weder ein Entgeltfortzahlungsanspruch für den Fall, dass der Arbeitnehmer seine geschuldete Arbeitsleistung infolge der Behinderung nicht mehr zu erbringen vermag, noch ein Anspruch des schwerbehinderten Arbeitnehmers darauf, nur noch nach seinen Neigungen beschäftigt zu werden, noch ein solcher auf Schaffung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes. Aus dieser Vorschrift folgt vielmehr die Verpflichtung des Arbeitgebers, den schwerbehinderten Arbeitnehmer so zu fördern, dass er seine eingeschränkte Arbeitskraft durch entsprechende Tätigkeit noch einsetzen kann, so dass die Verletzung dieser obliegenden Pflichten zu Schadensersatzansprüchen des schwerbehinderten Arbeitnehmers führen kann.
Normenkette
BGB §§ 280, 293 ff, 615, 823 Abs. 2; SGB IX § 81 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 21.02.2007; Aktenzeichen 8 Ca 1577/06) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 21.02.2007, Az: 8 Ca 1577/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit vorliegender Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass ihm ab dem Monat April 2006 ein Anspruch auf monatliche Vergütung zusteht, da ab diesem Zeitpunkt einem Beschäftigungsanspruch nicht nachgekommen werde.
Der am 26.04.1959 geborene Kläger, verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet, ist seit dem 01.10.1977 bei den US-Stationierungsstreitkräften, zuletzt in der Dienststelle Flugplatz R., als Feuerwehrmann beschäftigt worden. Die monatliche Bruttovergütung belief sich auf 2.535,26 EUR (Lohn-/Gehaltsgruppe P 2/E). Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVAL II) Anwendung.
Gemäß einem ärztlichen Attest zur Vorlage beim Arbeitgeber der Gemeinschaftspraxis Dr. C. vom 27.05.2004 ist der Kläger nicht in der Lage als Feuerwehrmann vollschichtig zu arbeiten. Auf den Inhalt des Attestes wird Bezug genommen (vgl. Bl. 16 d. A.).
Ab dem 01.09.2004 wurde der Kläger mit seinem Einverständnis als Lagerangestellter im Lager der Abteilung 735th CES/CEOLM eingesetzt. Auf die diesbezüglichen Vereinbarungen vom 01.09.2004 sowie 20.12.2004 wird verwiesen (vgl. Bl. 17 f. d. A.). Ab dem 05.07.2005 erkrankte der Kläger. Bei dem Kläger besteht ein Grad der Behinderung von 60 mit „G”-Vermerk.
Am 04.11.2005 wurde mit dem Kläger ein Personalgespräch durchgeführt, über welches ein sog. Report erstellt wurde. In diesem lautet es unter anderem:
Herr A. betont, dass er keine acht Stunden mehr am Tag arbeiten kann. …
Die Arbeit in der Holding wäre acht Stunden nur „Rennerei” gewesen. Er könne das nicht, da er Arthrose in den Knien hätte ….
Herr A. meinte, dass er gerne eine Stelle für maximal sechs Stunden hätte. Frau D. fragt Herrn A., was er sich denn vorstelle, wo er arbeiten könnte. Daraufhin erklärt Herr A., dass seine Englisch- und Computerkenntnisse nicht gut seien. Im Lager hätte es ihm ganz gut gefallen, es war ihm aber zu stressig.
…
Auf den Inhalt des Reports wird verwiesen (vgl. Bl. 27 f. d. A.).
Auf Veranlassung der Arbeitgeberin erfolgte eine arbeitsmedizinische Begutachtung des Klägers durch den Berufsgenossenschaftlichen Arbeitsmedizinischen Dienst (BAD) in K. Der Kläger wurde dort am 28.11.2005 arbeitsmedizinisch untersucht. Das hierauf durch Herrn Dr. F. erstellte Gutachten vom 19.12.2005 lautet wie folgt:
Herr A. kann seine jetzige Tätigkeit im Lager mit Heben und Tragen von Lasten und Arbeiten in Zwangshaltung auf Dauer nicht mehr verrichten. Herr A. kann zukünftig nur noch untervollschichtig für leichte körperliche Tätigkeiten in überwiegend sitzender Position eingesetzt werden. Maximal eine Stunde pro Tag kann Herr A. stehende Tätigkeiten verrichten, wobei diese Zeitspanne möglichst auch durch Phasen in sitzender Position unterbrochen sein sollte. Herr A. kann mehrmals pro Tag Wegstrecken bis 500 Meter gehend zurücklegen und gelegentlich Lasten bis maximal 10 kg tragen oder in gebückter Position arbeiten.
Aufgrund der Chronizität der Erkrankung muss damit gerechnet werden, dass die genannten Einschränkungen auf Dauer bestehen.
Unter den genannten Arbeitsbedingungen können sich die krankheitsbedingten Fehlzeiten minimieren, dennoch muss auch in Zukunft infolge ...