Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch. Gesellschafter, Einrücken eines neuen. Sozietät. Verjährung. Auskunftsanspruch zu erzielten Umsätzen gegenüber einer Sozietät von Rechtsanwälten
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Auskunftsrecht kann sich außerhalb der gesetzlich oder vertraglich besonders geregelten Rechnungslegung aus Treu und Glauben ergeben, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang eines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen tatsächlichen Angaben unschwer machen kann.
2. Wird ein Betrieb als Gesellschaft bürgerlichen Rechts i.S.v. § 705 BGB betrieben, so besteht die nach Außen wirkende Rechtssubjektivität mit der Konsequenz, dass ein Wechsel im Mitgliederbestand der Gesellschaft keinen Einfluss auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat.
Normenkette
BGB §§ 195, 705 ff.
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 21.03.2007; Aktenzeichen 4 Ca 2103/06) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21. März 2007 – 4 Ca 2103/06 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung von Auskünften über in den Jahren 2003 und 2002 erzielte Umsätze.
Zwischen dem Kläger und den Rechtsanwälten Z. und A. wurde unter dem 15. November 1999 ein Anstellungsvertrag geschlossen, der die Einstellung des Klägers als juristischer Mitarbeiter mit der Funktion eines Kanzleivorstehers vorsah. Zum gleichen Zeitpunkt schlossen die vorgenannten Parteien eine weitere Vereinbarung, die u. a. folgende Regelungen vorsah:
”3. Herr E. leitet als juristischer Mitarbeiter die Kanzlei nach Maßgabe eines besonderen Anstellungsvertrags. Er bleibt Mieter der Kanzleiräume und Eigentümer des Anlagevermögens sowie der Kanzleiausstattung. Die Anwälte schließen mit ihm einen Untermietvertrag mit dreimonatiger Kündigungsfrist.
Die Arbeitsverhältnisse mit den Mitarbeitern werden ab 01. Januar 2000 von den Anwälten mit Zustimmung der Mitarbeiter übernommen. Neueinstellungen erfolgen durch die Anwälte
…
10. Der monatliche Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben steht grundsätzlich den Anwälten zu.
Sollte er höher sein als der Stundenaufwand der Anwälte auf Basis DM 80, / Stunde steht die Hälfte hiervon Herrn E. als erfolgsabhängige Vergütung zu. Die Auszahlung erfolgt am Ende eines Quartals.
Ist der verbleibende monatliche Überschuss geringer als der Stundenaufwand von DM 80, / Stunde vermindert sich der Vergütungsanspruch von Herrn E. entsprechend.
Maßgebend für die endgültige Festsetzung der Vergütung von Herrn E. ist das jeweilige Jahresergebnis.”
Unter dem 04. Januar 2002 fassten Herr Rechtsanwalt Z., Frau Rechtsanwältin A. und Frau Rechtsanwältin C. folgenden Gesellschafterbeschluss:
”Unter Verzicht auf Formen und Fristen treten die Gesellschafter der
Anwaltssozietät
”RA Z., RA'ín A.”
zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zusammen und beschließen folgendes:
Mit Wirkung zum 01.01.2002 tritt Frau RA'ín C. als weitere Gesellschafterin in die Sozietät ein.
Mit Wirkung zum 02.01.2002 scheidet RA Z. aus der Gesellschaft aus.
Zwischen den bisherigen Gesellschaftern bestehen keinerlei weitere Ansprüche.”
Ebenfalls am 04. Januar 2004 kam es zwischen dem Kläger und den Rechtsanwältinnen A. und C. zu einer Vereinbarung über eine einvernehmliche Beendigung der Zusammenarbeit.
Mit seiner am 22. Juni 2005 zum Landgericht Mainz erhobenen Klage verlangte der Kläger Auskunft über die Umsätze in den Jahren 2002 und 2003 gemäß dem am 15. November 1999 geschlossenen Verträgen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagten werden als Gesamtschuldnerinnen verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Umsätze aus den Verträgen vom 15. November 1999 in den Jahren 2002 und 2003 durch Vorlage einer prüffähigen Einnahmen-/Ausgabenübersicht nach § 4 Abs. 3 EStG einschließlich Summen-/Saldenlisten unter Offenlegung sämtlicher Buchungskonten und Kanzleikonten in Verbindung mit dem Anstellungsvertrag zu erteilen.
Die Beklagten haben,
Klageabweisung
beantragt und erwidert:
Die Vereinbarungen von 1999 seien nicht zwischen dem Kläger und den Beklagten, sondern zwischen diesem und den Rechtsanwälten Z. und A. abgeschlossen worden. Der Kläger habe in der Vergangenheit in anderen Verfahren die Beklagte zu 2. – Frau Rechtsanwältin C. – als seine Angestellte bezeichnet. Im übrigen sei der Anspruch verjährt.
Das Landgericht Mainz hat mit Beschluss vom 29. August 2006 – 2 O 235/05 – den Rechtsstreit an das örtlich und sachlich zuständige Arbeitsgericht Mainz verwiesen. Auf die Verweisungsbegründung (Bl. 79 bis 80 d. A.) wird Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Mainz hat durch Urteil vom 21. März 2007 – 4 Ca 2103/06 – dem Klagebegehren stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt,
der Kläger habe sich in den Jahren 2002 und 2003 im Angestelltenstatus befunden. Die Beklagte zu 2....