Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bei Rückkehr aus formlos gewährter Elternzeit unter Nennung eines bestimmten Rückkehrdatums und des Wunsches nach geänderten Arbeitszeiten
Leitsatz (redaktionell)
1. Die nach § 16 Abs. 1 BEEG erforderliche Schriftform stellt eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Inanspruchnahme der Elternzeit dar; das Schriftformerfordernis dient der Rechtsklarheit und hat für die Parteien eine vor allem klarstellende Funktion.
2. Das Schriftformerfordernis gemäß § 16 Abs. 1 BEEG schützt nicht allein die Dispositionsfreiheit des Arbeitgebers; im Hinblick darauf, dass die Erklärung der Arbeitnehmerin über die Inanspruchnahme der Elternzeit für diese im Falle ihrer Wirksamkeit Bindungswirkung entfaltet und hinsichtlich des Endzeitpunktes nicht mehr einseitig geändert werden kann, entfaltet das im Interesse der Rechtsklarheit für beide Parteien bestimmte Schriftformerfordernis auch eine Schutz- und Warnfunktion für die Arbeitnehmerin.
3. Nimmt der Arbeitgeber es in Kenntnis eines fehlenden schriftlichen Antrags hin, dass die Arbeitnehmerin nicht zur Arbeit erscheint und ihre "Elternzeit" fortführt, kann er sich gemäß § 242 BGB nicht mehr auf die fehlende Schriftform berufen, wenn die Arbeitnehmerin ihm per E-Mail mitteilt, dass sie ab einem bestimmt genannten Datum nach ihrem Elternjahr zurückkommen wird und ihn zudem schriftlich darüber unterrichtet, dass die einjährige Elternzeit zu diesem Zeitpunkt beendigt ist; für die Folgezeit besteht in Anbetracht dieser Erklärungen der Arbeitnehmerin kein schützenswertes Vertrauen des Arbeitgebers auf eine Fortführung der Elternzeit durch die Arbeitnehmerin, wenn eine verbindliche Festlegung des Endzeitpunkts der Elternzeit bis zum Ablauf der höchstmöglichen Dauer von drei Jahren mangels Einhaltung der hierfür erforderlichen Schriftform nicht erfolgt ist.
4. Erklärt die Arbeitnehmerin in einer E-Mail ausdrücklich, dass sie ab dem 01.09.2013 "nach meinem Jahr Elternzeit" wieder zurückkommen wird und weist sie darauf hin, dass ihre Arbeitszeit von 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr sein "müsste", kann diesem Wunsch nach einer geänderten Arbeitszeit nicht ihrer Entschlossenheit entnommen werden, bei Ablehnung ihrer Vorstellung ab dem 01.09.2013 überhaupt nicht mehr bei der Arbeitgeberin arbeiten zu wollen; auch wenn die Arbeitnehmerin ihr Begehren zum Ausdruck bringt, vor Aufnahme ihrer Arbeit nach Lösungsmöglichkeiten für eine Veränderung ihrer Arbeitszeit zu suchen, besagt dies noch nicht, dass sie im Falle einer Ablehnung dieser angestrebten Lösung ihre Arbeit zu den bisherigen Bedingungen nicht mehr aufnehmen kann oder will.
5. Die Behauptung der aus der Elternzeit zurückkehrenden Arbeitnehmerin, notfalls ihre Arbeitsleistung zu den üblichen Öffnungszeiten zu erbringen und die Betreuung ihres Kindes dann anders zu bewerkstelligen, erscheint für einen Zeitraum von sechs Wochen ohne weiteres als nachvollziehbar und schlüssig, auch wenn die Arbeitnehmerin in Anbetracht der Betreuung ihres Kindes längerfristig an einer ortsnahen Tätigkeit zu entsprechend angepassten Arbeitszeiten interessiert sein mag.
Normenkette
BEEG § 16; EFZG § 3 Abs. 1; BEEG § 16 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 09.01.2014; Aktenzeichen 2 Ca 1344/13) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Entgeltfortzahlung.
Die Klägerin war seit dem 16. Mai 2005 bei dem Beklagten als Reiseverkehrskauffrau gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.269,-- EUR beschäftigt.
Ab dem 23. Juli 2012 befand sich die Klägerin in Mutterschutz. Ihre Tochter wurde im August 2012 geboren. Im Anschluss daran befand sie sich in Elternzeit. Einen schriftlichen Antrag hierfür hatte sie nicht gestellt.
Per E-Mail vom 22. Mai 2013 (Bl. 78 d. A.) teilte die Klägerin dem Beklagten u. a. folgendes mit:
"(...)
Außerdem wollte ich Ihnen mitteilen, dass ich ab 01.09.2013 nach meinem Jahr Elternzeit zurückkommen werde. Jedoch müsste meine Arbeitszeit von 9 bis 16 Uhr sein.
(...)"
Am 29. August 2013 ging dem Beklagten folgendes Einschreiben der Klägerin vom 28. August 2013 (Bl. 79 d. A.) zu:
"Sehr geehrter Herr A.,
da ich, wie sie sicherlich wissen, Elternzeit für die Dauer von einem Jahr beantragt habe, ist diese demzufolge am 31. August 2013 beendet.
Ich gehe davon aus, dass vor Aufnahme meiner Arbeit nach Lösungsmöglichkeiten gesucht wird, bezüglich der Veränderung meiner Arbeitszeit, wie dies von mir im Vorfeld begehrt wurde und in mündlicher Form verbindlich von Frau S. zugesagt wurde."
Für die Zeit ab dem 27. August 2013 legte die Klägerin dem Beklagten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor.
Mit ihrer beim Arbeitsgericht Kaiserslautern erhobenen Klage begehrt die Klägerin für die Zeit ab dem 01. September 2013 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von ...