Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungslast. Kündigung. Minderleistung. Quantitative

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Kündigung gegenüber einem leistungsschwachen Arbeitnehmer ist erforderlich, dass der Arbeitgeber eine „längerfristige” deutliche Unterschreitung der Durchschnittsleistung darlegt. Die Darlegung von Vergleichswerten für einen Zeitraum von insgesamt 34 Monaten unter Berücksichtigung von nur 23 Monaten und unter Auslassung von 11 Monaten ist nicht ausreichend.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 05.06.2008; Aktenzeichen 1 Ca 440/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 05.06.2008, Az.: 1 Ca 440/08, wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Stattgabe der Kündigungsschutzklage und des Weiterbeschäftigungsantrags richtet.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 21.02.2008 zum 30.06.2008, die Weiterbeschäftigung des Klägers und die Entfernung zweier Abmahnungen.

Die Beklagte betreibt ein bundesweit tätiges Versicherungsunternehmen. Sie stellte den Kläger (geb. am 30.01.1950, verheiratet) am 01.05.1999 ein. Seit dem 01.07.2001 wird er als fest angestellter Außendienstmitarbeiter (sog. Partnerverkäufer) beschäftigt, zuletzt als Agenturleiter im Bereich der Vertriebsdirektion L.-Stadt. Der Kläger bezieht ein provisionsunabhängiges Mindesteinkommen von EUR 1.790,00 brutto monatlich. Nach seinen Angaben beträgt sein Durchschnittsverdienst EUR 2.100,00.

Die Beklagte beschäftigt im Bereich der Vertriebsdirektion L.-Stadt insgesamt 70 Agenturleiter, die als Angestellte oder auch als Selbstständige tätig sind. Daneben setzt sie sog. Mitarbeiter im Zweitberuf („MiZler”) ein, die den hauptberuflichen Außendienst unterstützen. Die Leistungen der Partnerverkäufer beim Vertrieb ihrer Produkte werden nach sog. Netto-Wert-Einheiten (NWE) bemessen. Die dem einzelnen Versicherungsprodukt zugewiesene Höhe der NWE errechnet sich aus dem wirtschaftlichen Wert, den ein bestimmtes Produkt für die Beklagte hat.

Mit Schreiben vom 02.05.2006 (Bl. 33 d. A.) mahnte die Beklagte den Kläger ab und führte zur Begründung aus, dass die von ihm erwirtschafteten NWE im Zeitraum von April 2005 bis März 2006 weit hinter dem Durchschnitt der anderen Partnerverkäufer in der Vertriebsdirektion L.-Stadt zurückgeblieben seien.

Mit Schreiben vom 19.07.2007 (Bl. 36 d. A.) erteilte die Beklagte dem Kläger eine zweite Abmahnung wegen weit unterdurchschnittlicher Arbeitsergebnisse. Dem Vergleich der NWE legte sie den Zeitraum von Januar 2007 bis Juni 2007 zugrunde.

Mit Schreiben vom 21.02.2008 (Bl. 4 d. A.) kündigte die Beklagte nach Anhörung des örtlichen Betriebsrates der Vertriebsdirektion L.-Stadt das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich zum 30.06.2008. Zur Begründung führt sie aus, dass die Leistungen des Klägers in der Zeit von September 2007 bis Januar 2008 die Durchschnittsleistungen der anderen Partnerverkäufer wiederum deutlich unterschritten hätten. Im Einzelnen gibt die Beklagte folgende Werte an:

Zeitraum

NWE – Ø

hiervon66,66 %

NWEKläger

Kl. in %

1.) 01.04.05 – 31.03.06 (12 Mon.)

2.307,17

1.537,96

1.301,00

ca. 56 %

2.) 01.01.07 – 30.06.07 (6 Mon.)

1.300,20

866,71

697,25

ca. 53 %

3.) 01.09.07 – 31.01.08 (5 Mon.)

1.349,41

899,51

201,90

ca. 22 %

Zur Ermittlung der Durchschnittswerte zog die Beklagte die erzielten NWE der Partnerverkäufer der Vertriebsdirektion L.-Stadt heran, die während des jeweiligen Betrachtungszeitraums bei ihr beschäftigt waren und nicht zum Beispiel unterjährig eingetreten oder über einen längeren Zeitraum (länger als sechs Monate) arbeitsunfähig erkrankt gewesen sind. Nach den von der Beklagten zur Akte gereichten Aufstellungen („Bereinigte Produktionsübersicht / VD 4, L.-Stadt”) verglich sie im

Zeitraum

den Durchschnittswert der Gesamt-NWE

1.) 01.04.05 – 31.03.06

von 38 Partnerverkäufern,

2.) 01.01.07 – 30.06.07

von 32 Partnerverkäufern,

3.) 01.09.07 – 31.01.08

von 32 Partnerverkäufern

mit den erzielten NWE des Klägers.

Die von der Beklagten vorgelegten Werte, die der Kläger mit Nichtwissen bestritten hat, sind die Ergebnisse der von den jeweiligen Partnerverkäufern geleiteten Agenturen. In die Höhe der erwirtschafteten NWE einer Agentur fließen auch die Leistungen der Mitarbeiter im Zweitberuf ein, die den jeweiligen Agenturen in unterschiedlicher Anzahl zugeschlüsselt sind. Jeder Partnerverkäufer ist arbeitsvertraglich verpflichtet, Mitarbeiter im Zweitberuf anzuwerben und zu betreuen.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 05.06.2008 (dort S. 2-10 = Bl. 151-159 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

  1. festzustellen, dass...

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