Leitsatz (amtlich)
§ 7 Ziff. 1. 2. i.V.m. § 12 Ziff. 1 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer, Meister, technischen und kaufmännischen Angestellten für die Betriebe des Elektrohandwerks in der Neufassung vom 12.07.1996 begründen einen konstitutiven tariflichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von 100 %. § 12 Ziff. 1 des genannten Manteltarifvertrages enthält insoweit eine umfassende, rechnerisch lückenlose Regelung über die Bemessung der Entgeltfortzahlung.
Normenkette
EFZG a.F. § 4 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 16.09.1998; Aktenzeichen 8 Ca 785/98) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 16.09.1998 – 8 Ca 785/98 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden – als Musterverfahren betriebenen – Prozess um die Höhe des Entgeltfortzahlungsanspruchs des Klägers im Krankheitsfalle hinsichtlich krankheitsbedingter Ausfalltage des Klägers im Zeitraum Februar bis Dezember 1997.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit 1990 als Elektriker beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer, Meister, technischen und kaufmännischen Angestellten für die Betriebe des Elektrohandwerks mit den Fachsparten Elektro-Installation, Elektro-Maschinenbau, Elektro-Mechanik und Fernmelde-Technik in der Neufassung vom 12.07.1996 (im folgenden: Manteltarifvertrag – MTV –) Anwendung.
Dieser bestimmt in. § 12 „Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit” u.a.:
„Bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle (Lohnfortzahlungsgesetz = LFZG) vom 27. Juli 1969.
Der Arbeitnehmer erhält für jeden Krankheitstag (das sind Arbeitstage und auf Arbeitstage entfallende Feiertage), für den er nach dem Lohnfortzahlungsgesetz Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes hat, 1/65 des während der letzten abgerechneten 3 Monate bzw. 13 Wochen erzielten Gesamtverdienstes (Gesamtverdienst geteilt durch 65).
Von dem Divisor 65 sind Krankheitstage, die über die Dauer von 6 Wochen hinausgehen, sowie Tage unbezahlter Freistellung von der Arbeit, soweit sie auf Arbeitstage fallen, abzuziehen.
Bei der Berechnung des Gesamtverdienstes bleiben unberücksichtigt:
- Auslösungen nach § 11 Manteltarifvertrag;
- Fahrtkostenersatz;
- Weihnachtsgratifikation;
- einmalige Zahlungen (z.B. Jubiläumsgeld);
- Schmutzzulagen, die für Aufwendungen gewährt werden, die während der Krankheit nicht entstehen;
- zusätzliches Urlaubsgeld nah § 17 Manteltarifvertrag.”
Mit seiner am 20. März 1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger für im Zeitraum von Februar bis Dezember 1997 insgesamt angefallenen 42 Krankheitstagen die Differenz zwischen einer 100 %igen Entgeltfortzahlung nach den Bestimmungen des MTV und der von der Beklagten geleisteten Entgeltfortzahlung, die sie aus 80 % des Monatsgrundlohnes bei durchschnittlich 160,95 Stunden/Monat errechnete in rechnerisch unstreitiger Höhe von 2.879,72 DM brutto. Hinsichtlich der genauen Berechnung der Klageforderung wird auf Bl. 5 bis 7 d.A. Bezug genommen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stünde der geltend gemachte Anspruch ungeachtet des Wirksamwerdens der Änderungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes zum 01. Oktober 1996 zu, da es sich bei § 12 MTV um eine eigenständige Regelung zur Berechnung der Entgeltfortzahlung handele, die nach dem Günstigkeitsprinzip der seinerzeit geltenden gesetzlichen Regelung vorgehe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 2.879,62 brutto nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit (= 25.03.1998) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, zwar müsse sie bei der Berechnung der Lohnfortzahlung nicht lediglich den Monatsgrundlohn, sondern den Gesamt verdienst im Sinne des MTV zugrundelegen, allerdings hiervon aufgrund der Änderungen des EntgeltfortzG zum 01. Oktober 1996 nur 80 % zahlen.
Wegen des unstreitigen und streitigen erstinstanzlichen Parteivorbringens im Übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Nachdem die Beklagte bereits im Gütetermin vom 06.04.1998 auf die Geltendmachung tariflicher Verfallsfristen verzichtete, hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 16.09.1998 der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 12 Ziff. 1 MTV. Es handele sich hierbei um eine eigenständige, konstitutive Regelung der Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle, die von der Änderung des EntgeltfortzG zum 01. Oktober 1996 unberührt geblieben sei. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 45 bis 49 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses ihr am 09. Oktober 19...