Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsanspruch. Regelungslücke. Rufbereitschaft. Unfallschaden. Erstattungsanspruch eines Landesbediensteten in Rufbereitschaft bei Unfallschaden mit Privatfahrzeug
Leitsatz (amtlich)
1. Ein angestellter Fernmeldemechaniker im Landesdienst, der im Rahmen angeordneter Rufbereitschaft zur Beseitigung der Störung einer Tunnel-Notrufanlage abgerufen wird und auf dem Heimweg mit seinem Privatfahrzeug verunfallt, hat grundsätzlich Anspruch auf Ersatz des Unfallschadens entsprechend § 670 BGB analog, wenn er den Einsatz seines Fahrzeuges für erforderlich halten durfte, um rechtzeitig zu erscheinen.
2. Eine analoge Anwendung der §§ 99, 87 LBG RP aF hinsichtlich der Erstattung des Unfallschadens kommt mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht.
Normenkette
BGB § 670 analog; LBGRP § 99 a.F.; LRP § 87 a.F.; BGB §§ 254, 611 Abs. 1, § 670; LBG RP § 87; LBG RP § 99
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 14.11.2012; Aktenzeichen 4 Ca 1949/12) |
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.11.12, AZ: 4 Ca 1949/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der in C-Stadt wohnhafte Kläger ist bei dem beklagten Land, vertreten durch den A., auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 14. März 1991 (im Folgenden: AV) als Fernmeldemechaniker in der Fernmeldemeisterei K - Autobahnamt M - beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet jedenfalls kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder in der jeweils geltenden Fassung (TV-L) Anwendung. Am 24. Dezember 2009 befand sich der Kläger im Rufbereitschaftsdienst, den er von zu Hause aus wahr nahm. Er wurde im Rahmen seiner Rufbereitschaft zu einem Einsatz gerufen, um eine Störung der Notrufanlage im Tunnel M-H zu beseitigen, und fuhr mit seinem privaten PKW zur Dienststelle Fernmeldemeisterei K, von wo aus er die Störung zusammen mit einem Kollegen per Computer beseitigte. Gegen 11:40 Uhr trat der Kläger die Rückfahrt zu seinem Wohnort an. Von der Fernmeldemeisterei K fuhr er über die Landstraße L 121 zur Auffahrt M-K, um auf die dort vierspurige Bundesstraße B9 Richtung B aufzufahren. Gegen Ende der Beschleunigungsspur zur B9 befindet sich unter der B9 eine quer verlaufende Straße. Auf der Höhe der Brückenüberführung rutschte das Fahrzeug des Klägers plötzlich mit dem Heck weg und geriet ins Schleudern. Trotz Gegenlenkens und Bremsens rutschte der PKW am Ende der Beschleunigungsspur nach rechts in die Betongleitschutzwand. Zum Zeitpunkt des Unfalls herrschten Außentemperaturen von 2 Grad Celsius bei nasser Fahrbahn. Auf der B9 ist an der Unfallstelle eine Höchstgeschwindigkeit bei Nässe nicht vorgeschrieben. Der Kläger fuhr 60 bis 70 km/h. Dort, wo der Kläger auf die B9 auffahren wollte, ist eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h vorgeschrieben. Bei dem Unfall kam es zu einem Schaden am Fahrzeug des Klägers in Höhe von insgesamt 3.686,92 Euro netto, der bis auf die Selbstbeteiligung in Höhe von 500,00 Euro von der Vollkaskoversicherung des Klägers ausgeglichen wurde. Die Selbstbeteiligung hat der Kläger selbst getragen.
Der Kläger machte den ihm in Höhe des Eigenanteils entstandenen Schaden mit Schreiben vom 05. Februar 2010 beim beklagten Land geltend, welches die Forderung mit Schreiben vom 25. Februar 2010 mit der Begründung zurückwies, nach § 99 Abs. 1 Satz 2 LBG beginne der Dienst nicht mit dem Verlassen der Wohnung. Nach weiterer Korrespondenz zwischen den Parteien hat der Kläger am 23. Mai 2012 vorliegende Zahlungsklage wegen Schadensersatzes beim Arbeitsgericht Koblenz erhoben.
Er hat erstinstanzlich - im Wesentlichen - vorgetragen, das beklagte Land sei zum Ersatz seines Schadens nach § 670 BGB analog verpflichtet, insbesondere finde § 70 LBG RP (= § 99 LBG RP aF) weder direkt, noch analog auf das privatrechtliche Dienstverhältnis Anwendung. Die Beklagte verkenne, dass er sich im Rahmen der Rufbereitschaft im Dienst befunden habe und sein Fahrzeug mit Billigung im Betätigungsbereich des Arbeitgebers eingesetzt habe. Da das beklagte Land ein unbedingtes Interesse daran habe, dass er bei Störungsfällen in kurzer Zeit am Einsatzort sei, sei der hierbei entstandene Schaden an seinem privaten PKW vom beklagten Land zu ersetzen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, angesichts seiner angepassten Fahrweise ohne überhöhte Geschwindigkeit auf der relativ kurzen Beschleunigungsspur könne ihm grobe Fahrlässigkeit nicht vorgeworfen werden, zumal er nicht habe erkennen können, dass die Beschleunigungsspur zur B9 über eine Brücke führe und die Straße an der Unfallstelle möglicherweise und unvorhersehbar überfroren gewesen sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Februar 2010 zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage wird abgewiesen.
Das beklagte Land hat erstin...