Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung. Ausschlussfrist. Betriebsvereinbarung. Wiedereinstellungsanspruch. Zurückweisung. Wiedereinstellungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch ein Wiedereinstellungsanspruch aufgrund einer Betriebsvereinbarung unterliegt den tariflichen Ausschlussfristen des § 17 MTV Chemie

2. Zur Zurückweisung verspäteten Vorbringens bei Vorlage eines (weiteren) schriftlichen Arbeitsvertrages donnerstags vor dem mündlichen Verhandlungstermin am kommenden Montag, dessen Inhalt an sich zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zwingt.

 

Normenkette

ArbGG § 67; BetrVG § 77; MTVChemie § 17

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 22.11.2004; Aktenzeichen 8 Ca 2062/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 22.11.2004 – 8 Ca 2062/04 – aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, mit dem Kläger zum 01.04.2004 einen Arbeitsvertrag als außertariflicher technischer Angestellter abzuschließen.

3. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger gegenüber der Beklagten einen Wiedereinstellungsanspruch hat.

Der Kläger war bei der Beklagten ab 1974 als Angestellter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde sodann auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24.06.1974 fortgesetzt, hinsichtlich dessen Inhalts auf Blatt 52 bis 33 der Akte Bezug genommen wird. Das Arbeitsverhältnis, auf das die Tarifverträge für die Chemische Industrie Anwendung fanden, ging zum 01.01.1991 auf die von der Beklagten gegründete X. GmbH über. Aus diesem Anlass unterzeichneten die Beklagte sowie die betroffenen Betriebsräte in C. und W. eine „Vereinbarung anlässlich der Ausgliederung der Magnetprodukte-Aktivitäten der C. in die „W. GmbH”, die in Ziffer 17 lautet:

”Den zum 01.01.1991 überwechselnden Mitarbeitern wird, soweit eine Weiterbeschäftigung innerhalb der W. GmbH aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist, eine Rückkehrmöglichkeit zugesagt, soweit freie und adäquate Arbeitsplätze in der C. vorhanden sind.”

Der Kläger erhielt eine Kopie dieser Vereinbarung zusammen mit dem Begleitschreiben der Beklagten, in dem es unter anderem heißt: „Der Vereinbarung können Sie die sich für sie aus dem Übergang des Arbeitsverhältnisses ergebenden Rechte und Pflichten entnehmen”.

Nach mehreren gesellschaftlichen Veränderungen, die im Einzelnen zwischen den Parteien umstritten sind, wurde am 01.04.2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der X. eröffnet. Durch den Insolvenzverwalter wurde das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen durch Schreiben vom 18.12.2003 zum 31.03.2004 gekündigt.

Der Kläger war zuletzt als technischer Angestellter mit außertariflicher Vergütung bei der Firma X. tätig. Bereits mit der Klageschrift vom 28.07.2004 macht der Kläger auch, wie sodann später fortlaufend, den Abschluss eines Arbeitsvertrages über eine Angestelltentätigkeit als außertariflicher Angestellter geltend.

Bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte der Betriebsrat der Gemeinschuldnerin sich bei der Beklagten um eine Beschäftigung der von der Insolvenz betroffenen Arbeitnehmer bemüht (vgl. Anschreiben vom 12.03., 14.04., 23.05. und 15.09.2003).

Eine schriftliche Geltendmachung seines etwaigen Wiedereinstellungsanspruches durch den Kläger selbst erfolgte erstmals mit Schreiben vom 25.06.2004.

§ 17 des Manteltarifvertrages für die Chemische Industrie enthält folgende Ausschlussfristen:

  1. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die richtige und vollständige Abrechnungen und Vergütungen unverzüglich zu überprüfen.
  2. Die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung ausgeschlossen. Das gilt nicht, wenn die Berufung auf die Ausschlussfrist wegen des Vorliegens besonderer Umstände eine unzulässige Rechtsausübung ist.
  3. Im Falle des Ausscheidens müssen die Ansprüche beider Seiten spätestens einen Monat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden.
  4. Wird ein Anspruch erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, muss er spätestens einen Monat nach Fälligkeit geltend gemacht werden.
  5. Die genannten Ausschlussfristen gelten nicht für beiderseitige Schadenersatzansprüche sowie für beiderseitige nachwirkende Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Der Kläger hat vorgetragen,

dass sich die Beklagte auf die tarifvertragliche Ausschlussfrist nicht berufen könne, da sein Anspruch dieser nicht unterfalle und die Berufung auf die Ausschlussfrist angesichts der Intervention des Betriebsrates der Gemeinschuldnerin auch treuwidrig sei.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger zum 01.04.2004 einen Arbeitsvertrag als außertariflicher technischer Angestellter abzuschließen,
  2. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger ab dem 2...

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