Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsfrist. Beschäftigungsdauer. Zur Auslegung des Begriffs „Beschäftigungsdauer” im Rahmen des § 49 Ziffer 3 RTV Dachdeckerhandwerke vom 27.11.1990, i.d.F. vom 06.12.1995

 

Normenkette

BGB § 622

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 11.06.1997; Aktenzeichen 2 Ca 2197/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.11.1998; Aktenzeichen 2 AZR 80/98)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 11. Juni 1997 verkündete Urteil des ArbG Ludwigshafen – 2 Ca 2197/96 – wird mit der Klarstellung zurückgewiesen, daß das Arbeitsverhältnis bis zum 31. Juli 1996 fortbestanden hat.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.480,– DM festgesetzt.

4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Der am 5. Jan. 1970 geborene Kläger ist seit dem 1. Juli 1992 bei der Beklagten, die eine Dachdeckerei betreibt, als Dachdecker beschäftigt gewesen. Mit dem Schreiben vom 26. Juni 1996 (Bl. 4 d.A.) kündigte die Beklagte dem Kläger zum 17. Juli 1996. Im Berufungsverfahren streiten die Parteien noch über die Frage, ob ihr Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung – wie von der Beklagten erklärt – am 17. Juli 1996 geendet hat oder erst am 31. Juli 1996 wie vom Arbeitsgericht im Urteil – 2 Ca 2197/96 – entschieden.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der – für allgemeinverbindlich erklärte – Rahmentarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im Dachdeckerhandwerk vom 27. Nov. 1990, i.d.F. vom 6. Dez. 1995, Anwendung (folgend: RTV). Gemäß der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung über die Allgemeinverbindlicherklärung vom 8. Febr. 1996 erfolgte die Allgemeinverbindlicherklärung mit Wirkung vom 1. Jan. 1996. § 49 –Kündigungsfristen– des RTV Dachdeckerhandwerk lautet wie folgt:

  1. „Es gelten die gesetzlichen Bestimmungen des § 622 BGB.
  2. Davon abweichend kann das Arbeitsverhältnis am Tag der Arbeitsaufnahme und an den beiden folgenden Arbeitstagen beiderseitig mit einer 4-stündigen Frist zum Ende des Arbeitstages gekündigt werden.
  3. Darüberhinaus kann das Arbeitsverhältnis bis zu einer Beschäftigungsdauer von 3 Jahren beiderseitig mit einer Frist von 12 Werktagen gekündigt werden”.

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im übrigen wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen auf den Tatbestand des am 11. Juni 1997 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts – 2 Ca 2197/96 – (dort Seite 3 f = Bl. 85 f d.A.). Der im erstinstanzlichen Urteilstatbestand (dort Seite 3 unten) aufgeführte Antrag zu 2 (= Erteilung eines Zwischenzeugnisses) ist durch den im Termin vom 28. Mai 1997 – I Ca 2197/96 – abgeschlossenen Teil-Vergleich erledigt (s. Bl. 50 d.A.). Den am 11. Juni 1997 verkündeten Urteilstenor (s. Sitzungsniederschrift vom 11. Juni 1997 dort Seite 2 = Bl. 73 d.A.) hat das Arbeitsgericht durch Beschluß vom 3. Sept. 1997 dahingehend berichtigt, daß der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht bis zum 31. Aug. 1996 festgestellt wird, sondern bis zum 31. Juli 1996 (s. Berichtigungsbeschluß vom 3. Sept. 1997, Bl. 95 ff d.A.). Gegen das ihr am 6. Aug. 1997 zugestellte Urteil – 2 Ca 2197/96 – hat die Beklagte am 26. Aug. 1997 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Zur Berufungsbegründung verweist die Beklagte auf § 49 (Ziff. 3.) RTV Dachdeckerhandwerk. Diese Regelung, die gemäß § 622 Abs. 4 BGB zur Anwendung gelange, sei hier einschlägig. Der – unstreitig – am 5. Jan. 1970 geborene Kläger sei im Sinne des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB zum Zeitpunkt der Kündigung erst ca. 1,5 Jahre bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Deswegen habe ihm noch mit einer Frist von 12 Werktagen gekündigt werden können.

Wegen der Einzelheiten der Berufungsbegründung und wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf deren Schriftsätze vom 21. Aug. 1997 (Bl. 101 ff d.A.) und vom 13. Okt. 1997 (Bl. 118 f d.A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das am 11. Juni 1997 verkündete Urteil des ArbG Ludwigshafen – 2 Ca 2197/96 – abzuändern und die Klage – soweit sie nicht durch Teil-Vergleich erledigt ist – insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

In der Berufungsbeantwortung weist der Kläger daraufhin, daß § 49 Ziff. 3. RTV Dachdeckerhandwerk nicht vorsehe, daß die Regelung erst dann zur Anwendung gelange, wenn der Arbeitnehmer mehr als 3 Beschäftigungsjahre nach Vollendung des 25. Lebensjahres aufweisen könne. Die von der Beklagten zur Berufungsbegründung vertretene Auffassung überzeuge nicht. Wegen der Einzelheiten der Berufungsbeantwortung wird auf den Schriftsatz vom 29. Sept. 1997 (Bl. 115 f d.A.) verwiesen.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Beklagten ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung erweist sich als unbegründet.

II.

Das Arbeit...

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