Entscheidungsstichwort (Thema)

ablösende Betriebsvereinbarung zur Kürzung einer Versorgungsanwartschaft. Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine ablösende Betriebsvereinbarung hält der gebotenen Rechtskontrolle stand, wenn die Neuregelung zum Abbau einer planwidrigen Überversorgung den dienstzeitunabhängigen Berechnungsfaktor der letzten „normalen” Monatsvergütung stufenweise von 100 % auf bis zu 92,008 % absenkt.

2. Die Betriebspartner können die Versorgungszusage anpassen, um bei einer sozialversicherungsabhängigen Versorgung auf die sozialversicherungsrechtliche Rechtsänderung durch das REntenreformgesetz (RRG) 1992 zu reagieren. Eine Neuregelung ist nicht unverhältnismäßig, wenn der Arbeitgeber die Leistungseinschränkung bei Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente um 0,3 % für jeden Vorgriffsmonat nach dem RRG zu einem Drittel übernimmt.

 

Normenkette

BetrAVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 10.07.1996; Aktenzeichen 3 Ca 99/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.07.2000; Aktenzeichen 3 AZR 292/99)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 10. Juli 1996 (3 Ca 99/96) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien Streiten darüber, ob die betriebliche Altersversorgung des Klägers durch eine Neuregelung vom 10.05.1995 eingeschränkt werden darf.

Der Kläger (geboren am 18.08.1957) wurde vom 01.08.1975 bis zum 13.07.1977 im Betrieb der Beklagten zum Industriekaufmann ausgebildet, seit dem 14.07.1977 wird er als Angestellter zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 5.518,– DM beschäftigt (schriftlicher Arbeitsvertrag, Bl. 352 d.A.).

Die Beklagte betreibt ein Energieversorgungsunternehmen und beschäftigte 1995 ca. 1.600 Arbeitnehmer. Im Unternehmen bestehen zwei Betriebsräte, die einen Gesamtbetriebsrat errichtet haben. Ein Betriebsrat wurde von den Arbeitnehmern des Betriebes in L. gewählt, der andere Betriebsrat von den Arbeitnehmern des H. in B., das sich seit Mitte der zwanziger Jahre im Eigentum der Beklagten befindet.

Die Beklagte gewährt ihren Mitarbeitern und deren Hinterbliebenen seit dem Jahre 1957 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Die betriebliche Altersversorgung der Beklagten war ursprünglich in Versorgungsordnungen von 1957, 1963, 1967 und 1976 niedergelegt. Mit Wirkung vom 01.01.1987 wurde das Versorgungswerk in die Versorgungsordnungen I und II aufgespalten. Die Versorgungsordnung I (VO 1987/I) gilt für Arbeitnehmer, die vor dem 01.01.1987 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit der Beklagten standen, die VO 1987/II für Arbeitnehmer, die nach dem 31.12.1986 neu eingetreten sind. Die VO 1987/I sieht – wie die früheren Ordnungen seit 1957 – eine nach Dienstjahren abgestufte Betriebsrente vor; sie steigt in den ersten zehn Jahren um jährlich 3,3 % und danach jährlich um 1,5 % bis zur Höchstdauer von 28 Jahren bzw. zur Höchstgrenze von 60 % des rentenfähigen Einkommens. Auf die so errechnete Betriebsrente sind Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu 50 % anzurechnen. Die Gesamtversorgung aus der Betriebsrente und aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind auf 75 % des rentenfähigen Einkommens beschränkt. Als rentenfähiges Einkommen gilt das zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles maßgebende Bruttojahreseinkommen, das sich errechnet aus der letzten „normalen” Monatsvergütung × 13 und den veränderlichen Bezügen.

Die Beklagte schloss die VO II ab dem 01.01.1993 für neu eintretende Arbeitnehmer.

Am 10.05.1995 vereinbarte sie mit dem Gesamtbetriebsrat eine Neuregelung der VO 1987/I und 1987/II, ab dem 01.05.1995 (VO 1995). Die Neuregelung hat – soweit vorliegend von Interesse folgenden Inhalt:

1. Rentenfähiges Einkommen

Das rentenfähige Einkommen von bisher 100 % wird stufenweise vom Eintrittsjahr in die P. 1967 und früher bis 1986 und später von 99,9667 % bis 92,008 % abgesenkt. Die Staffelung erfolgt in Monatsschritten (0,0333 × 240 Monate = 7,992 %).

4. Vorzeitiger Rentenbezug

Die Regelaltersgrenze für Männer und Frauen ist nach der im Rentenreformgesetz vorgesehenen Übergangsregelung auf das Alter 65 festgelegt.

Die vorzeitige Inanspruchnahme der Sozialrente gemäß Rentenreformgesetz führt nach einer im Gesetz vorgesehenen Übergangszeit zu einer Verringerung der Sozialrente von maximal 10,8 % (0,3 % p. M. × 36 Monate) für die gesamte Dauer der Berentung. Die Verminderung der Sozialrente wird bei der Erstfestsetzung der Betriebsrente mit einem Drittel von den P. übernommen.

6. Die VO II wird für Betriebsangehörige, die zur Zeit keine Versorgungszusage haben und neue Mitarbeiter wieder geöffnet.”

Der Kläger ist der Ansicht, Ziff. 1 und 4 der Neuregelung vom 10.05.1995 sei ihm gegenüber unwirksam. Maßgebend sei für ihn ausschließlich die VO 1987/I vom 01.06.1987. Die VO 1987/I sei keine Betriebsvereinbarung, sondern im Wege der Einheitsregelung/Gesamtzusage Inhalt seines Arbeitsvertrages geworden. Sinn und Zwec...

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