Entscheidungsstichwort (Thema)
Saldierung des Resturlaubs in Lohnabrechnungen. Unbegründete Klage auf Urlaubsabgeltung bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zur vereinbarten Übertragung des in Lohnabrechnungen fortlaufend saldierten Resturlaubs
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss der Urlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden.
2. Eine fortlaufende Saldierung des Resturlaubs in Lohnabrechnungen lässt ohne eine ihr zugrundeliegende Absprache der Parteien nicht die Schlussfolgerung zu, dass die Arbeitgeberin auf die Einwendung des Erlöschens von Urlaubsansprüchen durch Zeitablauf verzichtet oder den in der Abrechnung ausgewiesenen Resturlaubsanspruch anerkannt hat; Gehaltsabrechnungen können nicht als formlos wirksame deklaratorische Schuldanerkenntnisse angesehen werden, mit denen die Arbeitgeberin darauf verzichtet, sich auf den Verfall des Urlaubs aus den Vorjahren zu berufen.
3. Grundsätzlich enthält eine Lohnabrechnung kein Schuldanerkenntnis; der Lohnabrechnung kann regelmäßig nicht entnommen werden, dass die Arbeitgeberin die Zahl der angegebenen Urlaubstage auch dann gewähren will, wenn sie diesen Urlaub nach Gesetz, Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag nicht schuldet.
Normenkette
BGB §§ 126, 362 Abs. 1, § 781; BUrlG § 7 Abs. 3-4; GewO § 108; ZPO § 308 Abs. 1, § 383 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 19.03.2015; Aktenzeichen 2 Ca 1493/14) |
Tenor
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 19.03.2015 - 2 Ca 1493/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II.
Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 19.03.2015 - 2 Ca 1493/14 - abgeändert, soweit es der Klage stattgegeben hat:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) trägt der Kläger.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltung.
Der Kläger ist der Bruder des Geschäftsführers der Beklagten. Der von der Beklagten betriebene Innenausbaubetrieb war ursprünglich von Herrn R. A., dem Vater des Klägers und des Geschäftsführers der Beklagten, im Jahr 1997 gegründet worden. Der Kläger und sein Bruder, der Geschäftsführer der Beklagten, waren im Betrieb ihres Vaters als Arbeitnehmer beschäftigt. Im Juli 2006 wurde der Betrieb von der Beklagten im Wege des Betriebsüberganges gemäß § 613 a BGB übernommen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 31. Mai 2011.
In der zuletzt vom früheren Betriebsinhaber R. A. erteilten Lohnabrechnung des Klägers für den Monat Juli 2006 (Bl. 46 d. A.) ist unter der Überschrift "Statistische Werte" ein "Resturlaub" von 111 Tagen angegeben. Dieser "Resturlaub" von 111 Tagen ist in den von der Beklagten erteilten Abrechnungen ab dem Monat August 2006 (Bl. 169 d. A.) übernommen worden, während in der zuvor von der Beklagten erteilten Abrechnung für Juli 2006 (Bl. 168 d. A.) noch ein Urlaubsanspruch von 15 Tagen angegeben war. In der Abrechnung für den Monat Dezember 2010 (Bl. 265 d. A.) ist ein Resturlaub von 121 Tagen ausgewiesen, der in den Abrechnungen ab Januar 2011 (Bl. 267 ff. d.A.) nicht übernommen wurde. In der zuerst erstellten Abrechnung für den Monat Mai 2011 (Bl. 272 d. A.) ist ein anteiliger Urlaubsanspruch von 12,5 Tagen angegeben, der nach Abzug von vier genommenen Urlaubstagen einen Resturlaub von 8,5 Tagen ergibt. Mit der zuletzt erteilten Korrekturabrechnung für den Monat Mai 2011 (Bl. 273 d. A.) wurde von der Beklagten eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.018,13 EUR brutto abgerechnet und gezahlt. In dieser Abrechnung sind als abgerechnete Urlaubstage 8,5 Tage mit der Folge aufgeführt, dass danach kein Resturlaub mehr ausgewiesen ist.
Mit seiner beim Arbeitsgericht Kaiserslautern am 08. Dezember 2014 eingereichten Klage hat der Kläger die Abgeltung eines "kumulierten" Urlaubsanspruchs von 121 Urlaubstagen in Höhe von 20.663,07 EUR brutto geltend gemacht, der nach seiner Begründung im Schriftsatz vom 30. Januar 2015 aus den Vorjahren bis einschließlich 2010 resultiere.
Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Mit Urteil vom 19. März 2015 - 2 Ca 1493/14 - hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern der Klage in Höhe von 853,80 EUR brutto stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger im Jahr 2010 26 Urlaubstage und im Jahr 2011 elf Urlaubstage erworben habe, von denen er im Jahr 2010 26 Tage und im Jahr 2011 sechs Tage genommen habe, so dass fünf Tage aus dem Jahr 2011 verblieben und in Höhe von 853,80 EUR brutto abzugelten seien. Die weitergehende Klage sei aber nicht begründet. Der Kläger habe selbst vorgetragen, dass nicht genommener Urlaub stets in das Folgejahr übertragen worden sei. Eine solche vom Gesetz abweichende Übertragungsregelung sei zulässig. Die Vertragsparteien könnten auch andere und weitere Übertragungszeiträume als da...