Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorgreiflichkeit einer familiengerichtlichen Entscheidung zur Teilung der Betriebsrente zwischen ausgleichspflichtigen Eheleuten für den Feststellungsantrag auf Erhöhung der Betriebsrente. Geltendmachung geschlechtsbezogener Benachteiligung des Arbeitnehmers durch die Rentenberechnung der Pensionskasse im familiengerichtlichen Verfahren zum Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Fall der Präjudizialität liegt vor, wenn eine rechtskräftig erkannte Rechtsfolge für einen zweiten Rechtsstreit vorgreiflich ist; das nachentscheidende Gericht ist dann an einer vom Ergebnis des Vorprozesses abweichenden Entscheidung gehindert und hat, soweit es den Streitgegenstand des rechtskräftigen entschiedenen Erstprozesses als Vorfrage erneut prüfen muss, den Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung seinem Urteil zugrunde zu legen.

2. Hat das Familiengericht im Verfahren nach § 51 VersAusglG zur Aufteilung des während der Ehezeit erworbenen Betriebsrentenanspruchs rechtkräftig nicht nur über die Höhe des auf die ehemalige Ehefrau des Arbeitnehmers zu übertragenden Anrechts sondern damit zugleich auch über die Höhe des dem Arbeitnehmer verbleibenden Betriebsrentenanspruchs und die damit zu seinen Lasten vorzunehmende Kürzung rechtsgestaltend befunden, steht diese Entscheidung einem nachfolgend im Wege der Feststellungsklage geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer den rechtskräftig festgestellten Betrag übersteigenden Betriebsrente entgegen.

3. Der Einwand, dass die von der Pensionskasse im Teilungsvorschlag berechnete Pension eine geschlechtsbezogene Benachteiligung enthält, ist bereits im familiengerichtlichen Verfahren oder im Rahmen eines diesbezüglichen Rechtsmittelverfahrens geltend zu machen; auch die Prüfung der Frage, ob die durch die Pensionskasse vorgeschlagenen Kapitalwerte zutreffend berechnet oder ob andere (geschlechtsneutrale) Bewertungsfaktoren anzusetzen sind, obliegt dem Familiengericht.

 

Normenkette

BetrAVG § 1; VersAusglG § 51; ZPO § 256 Abs. 1, § 322

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 12.06.2013; Aktenzeichen 1 Ca 2286/12)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.06.2013, AZ: 1 Ca 2286/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer von der beklagten Pensionskasse an den Kläger zu zahlenden Betriebsrente.

Die beklagte Pensionskasse ist gemäß § 2 Abs. 1 ihrer Satzung eine betriebliche Versorgungseinrichtung einer Fernsehanstalt. Sie hat u. a. den Zweck (ehemaligen) Arbeitnehmern dieser Fernsehanstalt die Zahlung einer Betriebsrente zu gewährleisten.

Der am 06.11.1941 geborene Kläger war vom 01.03.1963 bis 30.11.2004 bei der betreffenden Fernsehanstalt beschäftigt. Aufgrund einer ihm im Rahmen dieser Beschäftigung erteilten Versorgungszusage bezieht er von der Beklagten eine monatliche Betriebsrente. Grundlage hierfür ist u. a. ein Versorgungstarifvertrag, der für den Fall eines infolge Ehescheidung durchzuführenden Versorgungsausgleich es u. a. folgende Bestimmung enthält:

"Für die interne Teilung ist das zum Ende der Ehezeit verfügbare ehezeitbezogene Deckungskapital bzw. der verfügbare ehezeitbezogene Übertragungswert gemäß §47 Abs. 4 VersAusgIG abzüglich einer Verwaltungskostenpauschale von 3 % maßgeblich. Für die ausgleichsberechtigte und die ausgleichspflichtige Person ergeben sich gleich hohe intern geteilte Versorgungsleistungen. "

Die Ehe des Klägers wurde durch Urteil des Amtsgerichts Mainz vom 24.01.1991 geschieden. Ein (erster) Versorgungsausgleich zwischen den geschiedenen Eheleuten wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom 24.02.1992 durchgeführt.

Im April 2011 beantragt die geschiedene Ehefrau des Klägers nach § 51 VersAusglG die Abänderung der Versorgungsausgleichsentscheidung vom 24.02.1992. Mit Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom 28.11.2011 (Bl. 154 bis 159 d. A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, wurde die Entscheidung über den Versorgungsausgleich vom 24.02.1992 abgeändert und dabei u. a. im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Klägers bei der Beklagten zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau ein Anrecht in Höhe von monatlich 522,61 EUR übertragen. Mit dieser Entscheidung folgte das Amtsgericht einem Vorschlag der am Verfahren beteiligten Beklagten gemäß § 5 Abs. 3 VersAusglG vom 09.09.2011. Der betreffende, mit einem Berechnungsbogen versehene Vorschlag der Beklagten (Bl. 161 bis 167 d. A.), auf den Bezug genommen wird, beinhaltete eine Aufteilung des ehezeitanteiligen Deckungskapitals dergestalt, dass für beide Ehegatten eine gleich hohe ehezeitanteilige Rente in Höhe von 522,61 EUR monatlich generiert wurde. Dabei hat die Beklagte vom ehezeitanteiligen Deckungskapital des ausgleichspflichtigen Klägers unter Berücksichtigung versicherungsmathematischer Grundsätze, d. h. auch unter Berücksichtigung der biometrischen Risiken (Alter, Geschlecht) beider Ehegatten eine Rente ermittelt, die bei bei...

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