Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (amtlich)
Bei berechtigten Zweifeln, daß der attestierende Arzt zu Recht ein Beschäftigungsverbot iSd § 3 Abs. 1 MuSchG bei der schwangeren Arbeitnehmerin erklärt hat oder lediglich eine Arbeitsunfähigkeit hätte feststellen können, hat der betroffene Arbeitgeber nur die Möglichkeit, eine Untersuchung durch einen anderen Frauenarzt zu fördern.
Die Schwangere, die mit einem Beschäftigungsverbot belegt ist, darf auf die Richtigkeit des Attestes vertrauen, soweit auf ihrer Seite keine Täuschungshandlung im Hinblick auf den begutachtenden Arzt festzustellen ist.
Normenkette
MuSchG § 3 Abs. 1; LohnfzG § 1
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 14.04.1995; Aktenzeichen 4 Ca 2960/93) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes … vom 14.04.1994 – Az.: 4 Ca 2960/93 – wie folgt abgeändert:
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin DM 5.536,71 netto nebst
4 % Zinsen aus DM 46,37 seit 01.09.1993,
4 % Zinsen aus DM 1.281,07 seit 01.10.1993,
4 % Zinsen aus DM 1.281,07 seit 01.11.1993,
4 % Zinsen aus DM 1.281,07 seit 01.12.1993,
4 % Zinsen aus DM 1.281,07 seit 01.01.1994,
4 % Zinsen aus DM 366,06 seit 01.02.1994
zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu 5/6 und die Klägerin zu 1/6 zu tragen.
2. Die Kosten der Berufung haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu 5/6 und die Klägerin zu 1/6 zu tragen.
3. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Unter den Parteien besteht Streit über die Verpflichtung der Beklagten zu 1) und zu 2), bei denen die Klägerin als Zahnarzthelferin beschäftigt ist, aufgrund eines Beschäftigungsverbotes, welches der … unter dem 29.07.1993 festgestellt hat, Lohn zahlen müssen.
Die Klägerin forderte mit ihrer Klage vom 16.11.1993 die Zahlung der Gehälter September, Oktober 1993 in Höhe von je DM 1.281,07 netto, einen Restgehaltsbetrag aus August 1993 in Höhe von DM 100,– netto sowie einer Attestgebühr für ein Attest vom 12.08.1993 (Bl. 4 d.A.) in Höhe von DM 10,–. Mit der Klageerweiterung vom 22.02.1994 ist die Klage um die ausstehenden Gehälter November, Dezember 1993 sowie Januar 1994 erweitert worden.
Die Klägerin hat ihre Klage im wesentlichen damit begründet, daß sie einem Beschäftigungsverbot unterliege, welches aufgrund derer Schwangerschaft vom … festgestellt worden sei, weswegen die Beklagten hätten die Vergütung zahlen müssen.
Die Attestgebühr, die zur Erstellung der ärztlichen Bescheinigung einer Schwangerschaft angefallen sei, hätten die Beklagten gemäß § 5 Abs. 3 MSchG zu tragen.
Die Klägerin hat beantragt:
1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt an die Klägerin DM 6.515,35 netto, nebst 4 % Zinsen aus 100,– DM seit dem 01.09.93, sowie 4 % Zinsen aus einem Betrag in Höhe von 1.281,07 DM seit dem 01.10.93, 4 % Zinsen aus 1.281,07 DM seit dem 01.11.93, 4 % Zinsen aus 1.281,07 DM seit dem 01.12.93, sowie 4 % Zinsen aus 1.281,07 DM seit dem 01.01.94 und weiteren 4 % Zinsen aus 1.281,07 DM seit dem 01.02.94 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im wesentlichen haben sie dies damit begründet, daß ein Beschäftigungsverbot nicht vorliege, da das ärztliche Attest zur Feststellung dieser Tatsache nicht ausreiche. Der … habe das Beschäftigungsverbot allein deshalb ausgesprochen, weil die Klägerin angegeben habe, sie müsse an ihrer Arbeitsstelle Röntgenarbeiten ausführen, was jedoch nicht zutreffend sei. Die Klägerin habe sich zuvor bei der Gewerbeaufsicht kundig gemacht und dabei erfahren, daß werdende Mütter keinen Röntgenstrahlen ausgesetzt werden dürften, wobei Arbeitspflicht bezüglich anderer zum Berufsbild gehörender Arbeiten bestehen bliebe.
Das Beschäftigungsverbot des … sei deshalb in Verkennung der rechtlichen Anforderungen ausgesprochen worden, was sich auch aus dem Inhalt der Bescheinigung, wo die Beschäftigungsverbote nach § 3 und § 4 des MSchG nebeneinander gestellt seien, ergebe.
Die in § 4 MSchG normierten Beschäftigungsverbote seien ausschließlich von der Gewerbeaufsicht zu beachten. Aus einem Gespräch mit … wisse die Beklagte zu 1), daß dieser kein ärztliches Zeugnis im Sinne des § 3 MSchG ausgestellt habe, sondern sich lediglich als ausführendes Organ der Gewerbeaufsicht gesehen habe.
Zudem seien ledigliche Beschwerden bei der Klägerin nicht geeignet, ein Beschäftigungsverbot zu rechtfertigen, da eine Gefährdungslage für Mutter und Kind gefordert werde, die bei der Klägerin nicht vorgelegen habe, was sich auch daraus ergebe, daß die Klägerin ungehindert privaten Erledigungen – im Monat Dezember 1993 und Januar 1994 nachgegangen sei.
Zur Höhe der Klageforderung müsse angeführt werden, daß nicht DM 100 netto, sondern lediglich DM 46,37 netto im Monat August 1993 einbehalten worden seien und die Klägerin den vollen Lohn für Januar 1994 deshalb nicht fordern könne, da sie seit 01.01.1994 sich im Mutterschutz befunden habe, so daß ab diesem Tag Mutterschaftsge...