Entscheidungsstichwort (Thema)
Grobfahrlässige Herbeiführung eines Verkehrsunfalls mit betrieblich genutztem Privatfahrzeug. Unbegründete Klage auf Aufwendungsersatz bei unzureichenden Darlegungen zur Verringerung des Verschuldensgrades
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine verschuldensunabhängige Haftung der Arbeitgeberin für Schäden, die während der Arbeitsleistung an Sachen der Arbeitnehmerin eintreten, besteht grundsätzlich nicht.
2. Entsprechend § 670 BGB haftet die Arbeitgeberin für Sachschäden der Arbeitnehmerin dann, wenn der Schaden im Betätigungsbereich der Arbeitgeberin entstanden ist; der Anspruch setzt voraus, dass der Schaden so ungewöhnlich ist, dass er durch das Arbeitsentgelt nicht als abgegolten anzusehen ist und auch nicht zum allgemeinen Lebensrisiko zählt.
3. Der Anspruch der Arbeitnehmerin ist ausgeschlossen, wenn sie infolge einer schuldhaften Handlungsweise ihr Vorgehen den Umständen nach nicht für erforderlich halten durfte.
4. Lässt das gesamte Schadensbild eines Verkehrsunfalls, den eine Postzustellerin mit ihrem betrieblich genutzten Privatfahrzeug verursacht hat, nur die Schlussfolgerung zu, dass die Arbeitnehmerin mit völlig unangepasster Geschwindigkeit nach links abgebogen und angesichts einer schwierigen Verkehrslage in besonderem Maße unachtsam gefahren ist und somit grob fahrlässig gehandelt hat, scheidet ein Aufwendungsersatzanspruch gegen die Arbeitgeberin aus.
Normenkette
BGB § 670
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 07.01.2016; Aktenzeichen 2 Ca 1227/15) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 07.01.2016, Az.: 2 Ca 1227/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Aufwendungsersatz wegen der Beschädigung ihres betrieblich genutzten Privat-Pkw zu leisten.
Die Klägerin ist aufgrund Arbeitsvertrages von 2015 seit diesem Zeitpunkt bei der Beklagten beschäftigt. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages muss die Klägerin für die Postzustellung ihren eigenen Pkw einsetzen. Dafür erhält sie eine Aufwendungspauschale von 0,22 EUR pro Kilometer. Am 08. Juli 2015 kam es im Rahmen der Ausführung ihrer Arbeit zu einem Unfall, bei dem das Fahrzeug der Klägerin, ein Citroen C5 Kombi, beschädigt wurde.
Die Klägerin hat vorgetragen,
beim Anfahren einer Zustelladresse in K. sei sie in an ein dort geparktes Fahrzeug gestoßen. Sie habe das Lenkrad mit beiden Händen festgehalten, wobei ihre linke Hand mit einem Briefumschlag den Lenkradkranz umfasst habe. Ausweislich des von ihr vorgelegten Gutachtens des Sachverständigen M. vom 03. November 2015 sei ein Fahrzeugschaden von netto 3.420,55 EUR entstanden. Die Gutachterkosten betrügen 716,98 EUR. Der an dem Drittfahrzeug - einem Opel Corsa - entstandene Fremdschaden sei von der Haftpflichtversicherung reguliert worden. Der dadurch der Klägerin bei ihrer Haftpflichtversicherung entstandene Rabattschaden der Einstufung im Schadensfreiheitrabatt belaufe sich auf 1.232,59 EUR. Der Gesamtschaden betrage mithin 5.370,12 EUR.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.370,12 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.666,99 EUR seit dem 15. September 2015 und aus 5.370,12 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen,
die Klägerin habe keine Umstände dargelegt, die eine grob fahrlässige Schadensverursachung ausschlössen. Sie habe nicht einmal den Unfallhergang geschildert. Offenbar sei der Unfall auch nicht polizeilich aufgenommen worden. Ganz im Gegenteil habe die Klägerin eindeutig versucht, die Unfallverursachung, die als grob fahrlässig zu bewerten sei, zu vertuschen, in dem sie die tatsächliche Situation, die zum Unfall geführt habe, verschweige. Gegenüber der Mitarbeiterin M. habe sie sich dahingehend geäußert, es sei zu dem Unfall nur deshalb gekommen, weil sie das Lenkrad ihres Pkw nicht habe festhalten können, weil sie während der Fahrt den Scanner und Post in der Hand gehalten habe. Im Gütetermin habe die Klägerin unstreitig zu Protokoll erklärt - was im Protokoll des Gütetermins vom 02. November 2015 (Bl. 14, 15 d. A.) nicht festgehalten ist - sie habe in der linken Hand einen Briefumschlag gehalten. Daraus folge eindeutig, dass die Klägerin beim Abbiegen nicht mit beiden Händen das Lenkrad festgehalten habe.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 07. Januar 2016 - 2 Ca 1227/15 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 59 - 62 d. A. Bezug genommen.
Gegen das ihr am 09. Februar 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch am 09. März 2016 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 21. März 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründ...