Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Darlegungslast zum Anspruch auf Überstundenvergütung. Verwirkung der Ansprüche auf Überstundenvergütung
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Darlegung und den Beweis der Leistung von Überstunden gelten dieselben Grundsätze wie für die Behauptung des Arbeitnehmers, dass er die geschuldete (Normal-) Arbeit verrichtet hat.
2. Verlangt der Arbeitnehmer Arbeitsvergütung für Überstunden, hat er darzulegen und im Fall des Bestreitens auch zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat; dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, in dem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung der Arbeitgeberin zur Arbeit bereitgehalten hat.
3. Auf diesen Vortrag muss die Arbeitgeberin im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten sie dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen (nicht) nachgekommen ist.
4. Diese Grundsätze sind nicht schematisch anzuwenden sondern bedürfen stets der Berücksichtigung der im jeweiligen Streitfall zu verrichtenden Tätigkeit und der konkreten betrieblichen Abläufe.
5. Die Darlegung der Leistung von Überstunden durch den Arbeitnehmer und die substantiierte Erwiderung hierauf durch die Arbeitgeberin haben entsprechend § 130 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen; beigefügte Anlagen können den schriftsätzlichen Vortrag lediglich erläutern oder belegen, verpflichten das Gericht aber nicht, sich die unstreitigen oder streitigen Arbeitszeiten aus den Anlagen selbst zusammenzusuchen.
6. Auch im Arbeitsverhältnis gelten die allgemeinen Grundsätze der Verwirkung (§ 242 BGB); dabei handelt es sich um eine Einwendung, die vom Arbeitsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen ist.
7. Ansprüche auf Überstundenvergütung sind verwirkt, wenn der Arbeitnehmer während des mehr als zehn Jahre bestehenden Arbeitsverhältnisses zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Überstundenvergütungsansprüche gegenüber der Arbeitgeberin geltend gemacht und auch zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen hat, dass er die ihm übertragenen Arbeiten im Rahmen der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht erfüllen kann, sondern über diesen langen Zeitraum hinweg die ihm übertragenen Arbeiten erledigt und die monatlich abgerechnete und gezahlte Vergütung entgegengenommen hat, ohne deutlich zu machen, dass er davon ausgeht, dass ihm eine Überstundenvergütung zu zahlen ist, und er damit der Arbeitgeberin jegliche Möglichkeit genommen hat, Vorsorge dafür zu treffen, dass ihm weniger Tätigkeiten zugewiesen wurden, um diese im Rahmen der vertraglich vereinbarten Arbeitstätigkeit erledigen zu können, oder aber inhaltliche Vorgaben zu machen, wonach Einzelaufträge mit einem geringeren Zeitaufwand hätten bearbeitet werden können.
Normenkette
ZPO § 130 Nrn. 3-4, § 138 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 18.04.2013; Aktenzeichen 2 Ca 1850/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 18.04.2013, Az.: 2 Ca 1850/12 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtstreits streiten darüber, ob die Beklagten verpflichtet sind, an den Kläger aus seinem vormals bestehenden Arbeitsverhältnis noch die Bezahlung für Überstunden zu leisten.
Der 51 Jahre alte Kläger war in der Zeit vom 01.07.2002 bis zum 18.07.2012 in der Kanzlei der Beklagten als angestellter Rechtsanwalt gegen ein monatliches Bruttoentgelt von zuletzt 2.445,00 € beschäftigt. Die Parteien sind von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden ausgegangen.
Der Kläger hat vorgetragen,
während der gesamten Vertragszeit habe er insgesamt 1698,17 Stunden Mehrarbeit geleistet, was sich aus der beigefügten Tabelle (Bl. 3-35 d. A.) ergebe. Er gehe von einer zehnjährigen Verjährungsfrist aus, weil er erstmals mit Erteilung des Zeugnisses erfahren habe, dass er lediglich eine Arbeitszeit von 30,5 Wochenstunden gehabt habe. Die geleistete Mehrarbeit sei auch stets notwendig gewesen, da er außer in den Fällen, für die er selbst zuständig gewesen sei, von beiden Beklagten weitere Akten zur meist dringlichen Bearbeitung erhalten habe, täglich zwischen zehn und zwanzig Akten. Jedenfalls hätten die Beklagten die Mehrarbeit geduldet.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 28.873,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben vorgetragen,
es sei eine Sollarbeitszeit von 32 Wochenstunden für die Berechnung der Vergütung zugrunde gelegt worden; Hintergrund für die nicht vollzeitige Beschäftigung des Klägers sei - unstreitig - sein Wunsch gewesen, neben seiner Angestelltentätigkeit bei den Beklagten einer Tätigkeit bei der Universität Z nachzugehen. Ü...