Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung. Tarifvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Änderung eines Tarifvertrags kann nicht durch schlichte schriftliche Erklärung einer Tarifvertragspartei erfolgen. Deshalb handelt es sich bei den „Erläuterungen und Verfahrensrichtlinien zum TV Soziale Sicherung” nicht um rechtsverbindliche Erklärungen der Tarifvertragsparteien, sondern um eine Reaktion auf Gesetzesänderungen und eine Darstellung zur Interpretation.

 

Normenkette

TaSS § 8; TVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 18.02.2004; Aktenzeichen 4 Ca 992/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom18.02.2004 – 4 Ca 992/03 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger die Weiterzahlung einer Überbrückungsbeihilfe von der Beklagten verlangen kann.

Streitgegenstand ist die Verurteilung der Beklagten zur Weiterzahlung der Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Abs. 1 c des Tarifvertrages soziale Sicherung für einen Zeitraum vom 01.07.2002 bis zum 30.06.2007.

Die streitgegenständliche Tarifnorm lautet wie folgt:

Überbrückungsbeihilfe werden nicht gezahlt für Zeiten …

c) nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes oder der Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt (s. hierzu Protokollnotiz § 2 Ziffer 2 d).

Der Kläger war bis zum 30.09.1993 als Techniker und Supervisor beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der einschlägige Tarifvertrag TASS Anwendung.

Deshalb erhielt der Kläger bis zum 30.06.2002 die Überbrückungsbeihilfe nach Maßgabe des § 4 TASS.

Zum 30.06.2002 hat die Beklagte die Leistungen allerdings endgültig eingestellt, da sie der Auffassung ist, der Kläger könne mit Vollendung des 60. Lebensjahres Altersrente für Arbeitslose beziehen.

Der Kläger hat vorgetragen,

er habe zum 01.07.2002 keinen Anspruch auf Zahlung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, weil er nicht zu dem Personenkreis des § 237 SGB VI gehöre.

Er erfülle die in § 237 Abs. 1 Ziffer 4 SGB VI geforderte gesetzliche Voraussetzung nicht, denn er habe vor Inanspruchnahme der Altersrente für Arbeitslose in den letzten 10 Jahren vor Rentenbeginn keine 8 Jahre mit Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Tätigkeit belegt. Außerdem verstoße die Beklagte auch gegen bindende Verwaltungsvorschriften des BMI der Finanzen. Am 29.10.1992, somit vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses habe der C. die Änderung der Neufassung 1992 durch Erläuterungen und Verfahrensrichtlinien zum TV Soziale Sicherung bestätigt. Damit seien selbst bindende Verwaltungsvorschriften erteilt.

Die Begriffe aus der Protokollnotiz zu Nr. 2 d des § 2 Abs. 2 TASS, auf die auch in der anspruchsbegründenden Vorschrift des § 8 Abs. 1 c TASS Bezug genommen werde, seien bei seinem Ausscheiden nicht mehr einschlägig gewesen, weil das BMF am 29.10.1992, also vor seinem Ausscheiden, diese Protokollnotiz geändert habe. Dort heiße es:

„In § 2 Ziffer 2 d und der Protokollnotiz zu 2 d gilt anstelle des Altersruhegeldes der Begriff Regelaltergrenze (§ 35 SGB VI) und anstelle des vorgezogenen Altersruhegeldes die Altersrente gemäß § 38 bis § 39 SGB VI.

Unstreitig habe er zwar das 60. nicht aber das 65. Lebensjahr vollendet.

Der Kläger hat beantragt,

dass die Beklagte verpflichtet sei, an ihn Überbrückungsbeihilfe nach § 8 Abs. 1 Buchstabe c des Tarifvertrages Soziale Sicherung für den weiteren Zeitraum vom 01.08.2002 bis 30.06.2007 zu leisten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

nachdem der Kläger am 08.06.2002 das 60. Lebensjahr vollendet habe, sei die Zahlung von Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag Soziale Sicherung eingestellt worden, weil der Kläger nunmehr rentenberechtigt sei. Gemäß dem ehemaligen § 38 SGB VI und dem jetzt geltenden § 237 SGB VI könne der Kläger vorgezogenes Altersruhegeld wegen Arbeitslosigkeit beziehen.

Zwar sei die Altersgrenze für die Geburtsjahrgänge ab 1937 stufenweise angehoben worden, so dass der Kläger mit Rentenabschlägen rechnen müsse. Dennoch bestehe, die Möglichkeit einer vorgezogenen Altersrente. Dies allein genüge den Anforderungen des § 8 Abs. 1 c TASS. Das Bundesarbeitsgericht habe in einem Parallelverfahren die Ablehnung des Anspruchs auf Überbrückungsbeihilfe damit begründet, dass es für die Anwendung des § 2 Ziffer 2 d Soziale Sicherung allein auf den Zeitpunkt ankomme, in dem alle materiellen Voraussetzungen für eine Rentenberechnung (das Stammrecht auf die Rente) gegeben seien. Unerheblich sei, ob der Arbeitnehmer die Rente tatsächlich beziehe oder beantragt habe.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 18.02.2004 – 4 Ca 992/03 – abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Blatt 125 bis 129 der Akte Bezug genommen.

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