Verfahrensgang
ArbG Saarbrücken (Urteil vom 14.03.1975; Aktenzeichen 1 Ca 149/74) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Saarbrücken vom 14. März 1975 – 1 Ca 149/74 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Die am 2.1.1947 geborene, katholische Klägerin wurde am 1.4.1973 als Leiterin des Kindergartens der Beklagten eingestellt. Im schriftlichen Dienstvertrag vom 1.2.1973 heisst es u.a.:
„§ 1
H. geb.
Frau C./H. wird ab 1.4.1973 als Kindergartenleiterin eingestellt.
Der Mitarbeiter gehört zur Dienstgemeinschaft der obengenannten Einrichtungen. Er verspricht, die ihm übertragenen Aufgaben in Beachtung der Haus- bzw. Heimordnung und der Anordnungen des Dienstgebers treu und gewissenhaft zu erfüllen.
§ 2
Für das Dienstverhältnis gelten die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes” (AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der „Caritas-Korrespondenz” veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung.
Die AVR sind Bestandteil des Dienstvertrages und haben dem Mitarbeiter zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestanden.
Bei Änderungen der AVR gilt jeweils die in der „Caritas-Korrespondenz” veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf. Auch insoweit ist dem Mitarbeiter Gelegenheit zur Kenntnisnahme zu geben …”.
Das durchschnittliche Monatsgehalt der Klägerin betrug zuletzt 1.800,– DM brutto; darüber hinaus erhielt die Klägerin ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehaltes.
Nachdem die Klägerin im Oktober 1974 standesamtlich einen geschiedenen Mann geheiratet hatte, wurde ihr Arbeitsverhältnis seitens der Beklagten, die regelmässig mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt, schriftlich am 19.11.1974 zum 31.12.1974 gekündigt.
Die Klägerin hält die Kündigung für sozial nicht gerechtfertigt, ausserdem fordert sie von der Beklagten die Zahlung des Weihnachtsgeldes.
Sie hat beantragt,
1.) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 19.11.1974, zugegangen am 19.11.1974, nicht aufgelöst ist;
2.) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.800,– DM brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat vorgetragen, die Klägerin habe es abgelehnt, sich kirchlich trauen zu lassen; sie – die Klägerin – habe 3 Tage nach ihrer standesamtlichen Trauung die auf Geheiss des Pastors vom stellvertretenden Vorsitzenden des Kirchenvorstandes an sie gestellte Frage, wann sie kirchlich heiraten werden, dahin beantwortet, das sei ihre eigene Sache, das gehe die Kirche nichts an. Der Klägerin sei hierauf erklärt worden: „Wenn Sie nicht kirchlich heiraten wollen, dann sind Sie für uns untragbar”.
Mit der Ablehnung einer kirchlichen Trauung aber habe die Klägerin gegen die Sittengesetze der katholischen Kirche verstossen; sie – die Beklagte – sei somit gemäss § 16 der Arbeitsvertrags-Richtlinien des Deutschen Caritasverbandes (= AVR) sogar befugt gewesen, die Klägerin fristlos zu entlassen.
Satz 1 und 2 des Absatzes 1 der angeführten Vorschrift lautet:
„(1) Beim Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 BGB kann das Dienstverhältnis von beiden Vertragsparteien ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor bei Vertrauensbrüchen oder groben Achtungsverletzungen gegenüber Angehörigen der Dienstgemeinschaft, leitenden Personen oder wesentlichen Einrichtungen der Katholischen Kirche, bei schweren Vergehen gegen die Sittengesetze der Kirche oder die staatliche Rechtsordnung oder bei sonstigen groben Verletzungen der sich aus diesen Richtlinien ergebenden Dienstpflichten”.
Die Beklagte hat ferner behauptet, die Klägerin habe die Herausgabe einer Heiratsurkunde verweigert und ausserdem im Jahre 1973 einmal, im Jahre 1974 dreimal unentschuldigt gefehlt, und zwar am 28.9.1973, am 21.1., 24.1. und 24.9.1974. Am 28.10. und 18.11.1974 habe die Klägerin ihre Dienstzeit nur zum Teil eingehalten und sei auch nach der Kündigung am 19., 20. und 21.11.74 ihrer Dienststelle „ohne jeden Kommentar” ferngeblieben. Wenn auch die Arbeitsversäumnisse der Klägerin in den Jahren 1973 und 1974 zur Rechtfertigung einer Kündigung nicht ausreichen würden, so müssten diese doch bei Würdigung des Gesamtverhaltens der Klägerin Berücksichtigung finden.
Einen Anspruch der Klägerin auf Weihnachtsgratifikation hat die Beklagte unter Bezugnahme auf das im Bistum T. geltende Recht verneint. Nach der „Rundverfügung des Bischöflichen Generalvikariats-Hauptabteilung Personal- vom 21. Oktober 1974 betreffend die Weihnachtszuwendungen für 1974” hätten Angestellte der Kirchengemeinde, die in der Zeit bis einschliesslich 31.3.1975 aus ihrem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausgeschieden wären, kein Weihnachtsgeld zu beanspruchen.
Demgegenüber hat die Klägerin dargelegt, sie habe es nicht abgelehnt, sich kirchlich trauen zu lassen; vielmehr sei ihr durch die ka...