Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsrecht im befristeten Arbeitsvertrag. Allgemeine Geschäftsbedingung. Treuwidrige Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
Äußert der Arbeitgeber noch kurz vor der Kündigung auf Nachfrage, er sei mit dem Arbeitnehmer zufrieden, sind dies Indizien, die im Rahmen abgestufter Darlegungslast eine Obliegenheit des Arbeitgebers auslösen, auch ohne Geltung des Kündigungsschutzgesetzes, die Gründe für die Kündigung vorzutragen.
Normenkette
TzBfG § 15 Abs. 3; BGB § 305c Abs. 1-2, § 307 Abs. 1 S. 2, § 242
Verfahrensgang
ArbG Halle (Saale) (Urteil vom 04.08.2009; Aktenzeichen 4 Ca 493/09) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 04.08.2009 – 4 Ca 493/09 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die (vorzeitige) Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrages auf Grund Kündigung der Beklagten.
Die Klägerin war seit 20.10.2008 als Augenoptikergesellin für die Beklagte, in deren Betrieb regelmäßig vier Arbeitnehmer beschäftigt werden, auf Grund des befristeten Arbeitsvertrages vom 20.10.2008 (Blatt 5 der Akte) tätig. Der vorstehend genannte Arbeitsvertrag war auf den 30.09.2008 befristet. In dem Formularvertrag heißt es unter anderem:
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 27.01.2009 (Blatt 6 der Akte) fristgemäß zum 28.02.2009.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Kündigung komme keine Rechtswirksamkeit zu, weil sie gegen § 242 BGB (Treu und Glauben) verstoße, da die Beklagte noch kurz vor Ausspruch der Kündigung zum Ablauf der vereinbarten dreimonatigen Probezeit – unstreitig – erklärt habe, sie sei mit der Klägerin zufrieden. Im Übrigen sei das befristete Arbeitsverhältnis der Parteien überhaupt nicht mehr nach Ablauf der Probezeit vorzeitig ordentlich kündbar, da ein derartiges Kündigungsrecht nicht wirksam vertraglich vereinbart worden sei. Zwar enthalte § 2 des Formulararbeitsvertrages entsprechende Regelungen. Diese beziehen sich jedoch nicht auf eine Kündigungsmöglichkeit nach Ablauf der Probezeit, weil die Parteien die diesbezügliche Passage im oberen Teil des § 2 (geltende Kündigungsfrist) gerade nicht ausgefüllt haben.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 27.01.2009 zum 28.02.2009 beendet wurde.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der streitgegenständlichen Kündigung komme Rechtswirksamkeit zu. Diese sei keineswegs treuwidrig. Weiter sei zwischen den Parteien die vorzeitige Kündbarkeit des befristeten Arbeitsvertrages vereinbart worden. § 2 des Arbeitsvertrages regele eine vorzeitige Kündbarkeit auch nach Ablauf der Probezeit. Hierfür gelte die gesetzliche Kündigungsfrist.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 04.08.2009 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitbefangene Kündigung nicht aufgelöst worden ist und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, der Kündigung komme keine Rechtswirksamkeit zu, weil der befristete Arbeitsvertrag der Parteien jedenfalls nach Ablauf der Probezeit nicht mehr ordentlich kündbar gewesen sei. Ein diesbezügliches Kündigungsrecht sei nicht hinreichend bestimmt in § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vereinbart worden. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 25-33 der Akte verwiesen.
Gegen dieses, ihr am 05.10.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.10.2009 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 05.01.2010 am 04.01.2010 begründet.
Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.
Sie behauptet, die Kündigung der Klägerin verbunden mit einer anderweitigen Besetzung des Arbeitsplatzes beruhe auf einer Erkrankung ihres Vaters, der – unstreitig – bisher im Betrieb mitgearbeitet habe. Da die Klägerin – ebenfalls unstreitig – die von ihm ausgeübten speziellen Tätigkeiten im Bereich „Kontaktlinsen” und „Refraktion” fachlich nicht ausüben könne, sei es notwendig gewesen an Stelle der Klägerin eine Mitarbeiterin einzustellen, die auch die Aufgaben ihres Vaters mit übernehmen könne.
Im Übrigen hält die Beklagte an ihrer Rechtsauffassung, der Arbeitsvertrag der Parteien sei auch nach Ablauf der Probezeit vorzeitig kündbar, fest.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 04.08.2009 – 4 Ca 493/09 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und bestreitet, dass die neueingestellte Mitarbeiterin über die erforderlichen Qualifikationen verfüge, um den Arbeitsplatz des Vaters der Beklagten einzunehmen. Im Übrigen sei d...