Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründete Klage auf Überstundenvergütung bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitnehmerin zur Betriebsnotwendigkeit von Überstunden
Leitsatz (redaktionell)
1. Neben der Überstundenleistung setzt der Anspruch auf Überstundenvergütung voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind.
2. Für eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden muss die Arbeitnehmerin vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat.
3. Konkludent ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, wenn er der Arbeitnehmerin Arbeit in einem Umfang zuweist, der unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmerin nur durch die Leistung von Überstunden zu bewältigen ist; dazu muss die Arbeitnehmerin darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten oder ihr zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte.
4. Mit der Billigung von Überstunden ersetzt der Arbeitgeber gleichsam durch eine nachträgliche Genehmigung die fehlende vorherige Anordnung schon geleisteter Überstunden; die Arbeitnehmerin muss darlegen, wer wann auf welche Weise zu erkennen gegeben habe, mit der Leistung welcher Überstunden einverstanden zu sein.
5. Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden künftig zu unterbinden, er also nicht gegen die Leistung von Überstunden einschreitet und diese weiterhin entgegennimmt; dazu muss die Arbeitnehmerin darlegen, von welchen wann geleisteten Überstunden der Arbeitgeber auf welche Weise wann Kenntnis erlangt hat und dass es im Anschluss daran zu einer weiteren Überstundenleistung gekommen ist.
6. Erst wenn feststeht, dass es trotz Kenntnis des Arbeitgebers weiterhin zur Ableistung von Überstunden gekommen ist, hat der Arbeitgeber darzulegen, welche Maßnahmen er zur Unterbindung der von ihm nicht gewollten Überstundenleistung ergriffen hat.
7. Der allgemeine Hinweis der Arbeitnehmerin auf die Personalsituation, bei der die "Firma kaum" ohne Überstunden betrieben werden kann, reicht für eine Darlegung von Überstunden nicht aus, wenn aus dem Sachvortrag ein bestimmter Bezug zu den von der Arbeitnehmerin jeweils aufgelisteten Arbeitseinsätzen nicht ableitbar ist.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1, § 615 S. 1, § 612 Abs. 1; ZPO § 138 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 17.04.2013; Aktenzeichen 5 Ca 862/12 HBS) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 17.04.2013 - 5 Ca 862/12 HBS - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten aus einem beendeten Arbeitsverhältnis über restliche Vergütungsansprüche.
Die Klägerin war bei dem Beklagten als Mitarbeiterin eines von ihm betriebenen Backshops mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 400,00 Euro bei einer monatlichen Arbeitszeit von 80 Stunden tätig.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich mit Schreiben vom 28.11.2011 zum 31.12.2011.
Ob die Beklagte darüber hinaus das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18.12.2011 außerordentlich gekündigt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin bestreitet den Zugang eines diesbezüglichen Schriftstückes.
Für den Monat Dezember 2011 leistete die Beklagte an die Klägerin keinerlei Vergütung. Die Klägerin war vom 01. bis 09.12.2011 arbeitsunfähig erkrankt. Sie erbrachte auch im weiteren Verlauf dieses Monats für den Beklagten keine Arbeitsleistung mehr. Ob zwischen den Parteien für den Zeitraum 12.12. bis 31.12.2011 vereinbart war, dass die Klägerin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Fortzahlung der Vergütung und Anrechnung von Überstunden von der Arbeitsleistung freigestellt wird, ist zwischen den Parteien ebenfalls streitig.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Arbeitsvergütung in Höhe von 400,00 Euro brutto für den Monat Dezember 2011, Abgeltung der nach ihrer Behauptung geleisteten Überstunden sowie Urlaubsabgeltung begehrt.
Sie hat hierzu behauptet, sie habe in den Monaten Mai bis November 2009 77,25 Überstunden und in den Monaten Januar 2011 bis Oktober 2011 weitere 166 Überstunden geleistet. Diese seien entweder von dem Beklagten angeordnet oder betriebsnotwendig bzw. sachdienlich gewesen, um den Geschäftsbetrieb täglich von 05.00 Uhr bis 18.00 Uhr mit drei Arbeitnehmern auf 400,00 Euro-Basis und dem mitarbeitenden Beklagten abzusichern.
Bei einer Stundenvergütung von 5,00 Euro brutto ergebe sich für das Jahr 2009 ein Vergütungsanspruch von 386,25 Euro brutto sowie für das Jahr 2011 bei Abzug von 51,5 Überstunden, die mit der Freistellung ab 12.12.2011 abgegolten seien, ein weiterer Vergütungsanspruch von 572,50 Euro brutto. Hinsichtlich der zeitlichen Lage der Ü...