Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte. außerordentliche Kündigung wegen Schwarzarbeit. Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
Leitsatz (redaktionell)
1. Arbeitet ein Arbeitnehmer während einer Erkrankung schwarz, so kann dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen hierfür jedoch dazulegen und zu beweisen.
2. Für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes nach § 23 Abs. 1 KSchG in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast.
Normenkette
BGB §§ 242, 1004, 626 Abs. 1; KSchG §§ 1, 23
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 27.5.2004 –10 Ca 4279/03 – werden jeweils zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte 2/3 und der Kläger 1/3.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz darüber, ob die Abmahnungen vom 2. Juni 2003 und vom 18. September 2003 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen sind und ob das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung des Beklagten gegenüber dem Kläger vom 19. November 2003 oder durch die fristgerechte Kündigung des Beklagten gegenüber dem Kläger vom 30. Oktober 2003 mit Ablauf des 15. April 2004 sein Ende gefunden hat. Außerdem streiten die Parteien darüber, ob der Beklagte an den Kläger 1.340,64 EUR nebst Zinsen zu zahlen hat.
Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens und der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 27. Mai 2004 – 10 Ca 4279/03 – auf den Seiten 2–8 (Bl. 131–137 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Magdeburg hat Beweis erhoben über die Behauptungen des Beklagten, der Kläger habe am 11.11.2003 auf der Baustelle des Herrn B. für die Neuauftragung von Schweißbahnrollen alte Schweißbahnen entfernt, neue Schweißbahnen mit einem Brenner aufgetragen und danach die Baustelle geräumt, durch Vernehmung der Zeugin L. und gegenbeweislich über die Behauptung des Klägers, er habe keine handwerklichen Tätigkeiten auf der Baustelle des Herrn B. ausgeführt und diesen nur mit fachkundigem Rat überwacht, durch Vernehmung des Zeugen B. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2004 (Bl. 121–126 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Magdeburg hat am 27. Mai 2004 ein Urteil mit folgendem Tenor verkündet:
- „Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 19.11.2003 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 15.04.2004 fortbestanden hat.
- Der Beklagte wird verurteilt, die Abmahnungen vom 02.06.2003 und 18.09.2003 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 2/5 und der Beklagte zu 3/5.
- Der Streitwert wird auf 21.340,64 EUR festgesetzt.”
Wegen der Entscheidungsgründe dieses Urteils wird auf dessen Seiten 8–17 (Bl. 137–146 d.A.) Bezug genommen.
Die vollständige Ausfertigung dieses Urteils nebst Rechtsmittelbelehrung wurde dem Kläger am 21. Juni 2004 und dem Beklagten am 22. Juni 2004 zugestellt.
Der Beklagte hat gegen dieses Urteil am 20. Juli 2004 Berufung beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und diese am 20. August 2004 begründet. Der Kläger hat am 24. September 2004 beim Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Anschlußberufung gegen das vorgenannte Urteil eingelegt.
Hinsichtlich des zweitinstanzlichen Vorbringens und des zweitinstanzlichen Antrags des Beklagten wird auf dessen Schriftsatz vom 20. August 2004 (Bl. 171–174 d.A. = Bl. 175–178 d.A.) und wegen seines weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens auf seinen Schriftsatz vom 1. Dezember 2004 (Bl. 191–193 d.A. = 196–198 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 199–200 d.A.) verwiesen.
Wegen des zweitinstanzlichen Vorbringens und der zweitinstanzlichen Anträge des Klägers wird auf dessen Schriftsatz vom 23. September 2004 (Bl. 183–186 d.A.) Bezug genommen.
Bezüglich der von den Parteien in der Berufungsverhandlung am 8. Dezember 2004 abgegebenen Erklärungen sowie der dort durchgeführten Beweisaufnahme nebst Beweisthemen und Zeugenaussagen (B. und L.) wird auf das Protokoll über diese Berufungsverhandlung (Bl. 207–213 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO) des Beklagten ist ebenso wie die Anschlußberufung des Klägers (vgl. dazu § 64 ArbGG i.V.m. § 524 ZPO) ohne weiteres zulässig. Der Kläger hat die Anschließungsfrist des § 524 Abs. 2 S. 1 ZPO von einem Monat nach der Zust...