Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose Kündigung das Gruppen Arbeitsverhältnisses einer Artistengruppe wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung. Berechtigung zur Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts wegen unterbliebener Anmeldung zur Sozialversicherung
Leitsatz (amtlich)
Eine Artistengruppe kann im Rahmen eines sog. Gruppenarbeitsverhältnisses Arbeitnehmerstatus haben.
Normenkette
BGB §§ 611, 626 Abs. 1, § 273
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Arbeitsgerichts vom 12. September 2012 - 11 Ca 2468/11 - abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass das bis zum 22. November 2011 befristete Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung und in diesem Zusammenhang über den Status der Kläger als Arbeitnehmer der Beklagten.
Die Kläger, die aus Kolumbien stammen, bilden die Artistengruppe . Zwischen dieser Gruppe, vertreten durch den Kläger zu 1) als den Chef der Truppe, und der Beklagten, die einen Zirkus betreibt, wurde am 18. Juli 2010 ein Vertrag abgeschlossen, der folgenden Wortlaut hat:
"Vertrag über freie Mitarbeit
zwischen
wird folgender Vertrag über freie Mitarbeit vereinbart:
§ 1 Tätigkeit
Der Mitarbeiter wird mit Wirkung ab 04. März 2011 die Aufgaben von Artisten mit folgenden Tätigkeiten übernehmen: Hochseil und Todesradnummer mit jeweils 4 Personen (gesehen wie auf dem Video bei vom 20.02.2010, eingestellt von
§ 2 Weisungsfreiheit
Der Vertragspartner unterliegt bei der Durchführung der abgestimmten Tätigkeiten keinen Weisungen der Firma. Er ist in der Gestaltung seiner Tätigkeit (Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausübung) selbständig tätig und vollkommen frei. Auf besondere betriebliche Belange im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit ist jedoch Rücksicht zu nehmen. Der Mitarbeiter ist an keinerlei Vorgaben zum Arbeitsort oder zur Arbeitszeit gebunden. Projektbezogene Zeitvorgaben der Firma sind allerdings einzuhalten, ebenso fachliche Vorgaben der Firma, soweit diese zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich sind.
Gegenüber den Angestellten der Firma hat der Vertragspartner keine Weisungsbefugnis.
§ 3 Leistungserbringung / Arbeitsaufwand / Betriebliche Anwesenheit
Der Vertragspartner kann sich bei der Ausführung seiner vertraglichen Verpflichtungen auf seine Kosten der Hilfe Dritter bedienen, soweit deren fachliche Qualifikation sichergestellt ist und diesen gleichlautende Verpflichtungen nach diesem Vertrag auferlegt werden.
Der Vertragspartner übt seine Tätigkeit in seinen eigenen Räumlichkeiten aus. Soweit in Einzelfällen eine betriebliche Anwesenheit erforderlich wird, stellt die Firma nach jeweiliger vorheriger Absprache die entsprechenden betrieblichen Einrichtungen zur Verfügung.
§ 4 Konkurrenz / Verschwiegenheit
Der Vertragspartner darf auch für andere Arbeitgeber tätig sein. Will der Vertragspartner allerdings für einen unmittelbaren Wettbewerber der Firma tätig werden, bedarf dies der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Firma. Der Vertragspartner verpflichtet sich im übrigen, über ihm im Rahmen seiner Tätigkeit bekannt gewordene betriebliche Interna, insbesondere Geschäftsgeheimnis, auch nach seinem Ausscheiden Stillschweigen zu bewahren. Der Vertragspartner ist im Fall des schuldhaften Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht schadenersatzpflichtig.
§ 5 Vergütung
Als Vergütung wird ein Tageshonorar in Höhe von 550 (fünfhundertfünfzig) € festgelegt.
§ 6 Sonstige Ansprüche / Versteuerung
Mit der Zahlung der in § 5 vereinbarten Vergütung sind alle Ansprüche des Vertragspartners gegen die Firma aus diesem Vertrag erfüllt. Die etwaige Inanspruchnahme von Räumen oder Betriebsmitteln der Firma (s. § 3 der Vereinbarung) wird dem Mitarbeiter im Einzelfall nach gesonderter Vereinbarung in Rechnung gestellt.
Für die Versteuerung der Vergütung (Einkommens- und Umsatzsteuer) hat der selbständige Vertragspartner selbst zu sorgen. Der Mitarbeiter wird darauf hingewiesen, dass er nach § 2 Nr. 9 SGB VI als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger rentenversicherungspflichtig sein kann, wenn er in der Regel nur einen Auftraggeber hat und keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt.
§ 7 Fälligkeit
Das vereinbarte Honorar wird jeweils sonntags fällig. Die Auszahlung erfolgt in bar.
§ 8 Kündigung
Das Vertragsverhältnis kann unter Einhaltung einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt hiervon unberührt. Von der Firma überlassene Arbeits- und Geschäftsunterlagen sowie sonstige Arbeitsmittel sind mit Beendigung des Vertragsverhältnisses unaufgefordert zurückzugeben. Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts ist ausgeschlossen.
§ 9 Gerichtsstand / Anwendbares Recht / Verfallklausel
Erfüllungsort und ausschließlicher Gerich...