Entscheidungsstichwort (Thema)
Druckkündigung im Arbeitsrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Druckkündigung liegt vor, wenn ein Dritter oder mehrere Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangt bzw. verlangen. Dabei sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden.
2. Das Verlangen des oder der Dritten kann gegenüber dem Arbeitgeber durch ein Verhalten des Arbeitnehmers oder einen in dessen Person liegenden Grund objektiv gerechtfertigt sein. In diesem Falle liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, ob er eine personen- oder verhaltensbedingte Kündigung ausspricht. Im Arbeitsrecht spricht man in diesem Fall von einer "unechten Druckkündigung".
3. Fehlt es an einer objektiven Rechtfertigung der Drohung, kommt eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht, wobei das bloße Verlangen Dritter, einen bestimmten Arbeitnehmer zu kündigen, nicht ohne Weiteres geeignet ist, eine Kündigung zu rechtfertigen. Typische Fälle einer solchen "echten Druckkündigung" sind Drohungen der Belegschaft mit Streik oder Massenkündigungen oder die Androhung des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen für den Fall der Weiterbeschäftigung eines bestimmten Arbeitnehmers. An eine solche Druckkündigung sind strenge Prüfungsanforderungen im Sinne des "ultima ratio-Prinzips" zu stellen.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 03.09.2010; Aktenzeichen 11 Ca 843/10 HBS) |
ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 03.09.2010; Aktenzeichen 11 Ca 844/10 HBS) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten werden die Urteile des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 3. September 2010 - 11 Ca 843/10 HBS - und - 11 Ca 844/10 HBS - abgeändert, soweit festgestellt worden ist, dass die Arbeitsverhältnisse der Parteien durch die ordentlichen Kündigungen des Beklagten vom 2. März 2010 nicht aufgelöst wurden.
Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.
2. Die Klagen werden, soweit sie gegen die ordentlichen Kündigungen des Beklagten vom 2. März 2010 erhoben sind, abgewiesen.
3. Die in den Verfahren - 11 Ca 843/10 HBS - und - 11 Ca 844/10 HBS - im ersten Rechtszug angefallenen Kosten tragen die jeweils beteiligten Parteien je zur Hälfte.
Von den im Rechtsmittelverfahren angefallenen Kosten trägt der Kläger 15%, die Klägerin 25% und der Beklagte 60%.
Die in den Revisionsverfahren - 6 AZR 420/12 - und - 6 AZR 421/12 - angefallenen Kosten tragen die jeweils beteiligten Parteien zur Hälfte.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigungen vom 2. März 2010.
Der am ....... geborene Kläger war seit Beginn der 1990iger Jahre Gesellschafter und teilweise Geschäftsführer von drei Gesellschaften, welche das Hotel ....... in A.... betrieben. Die das Hotel tragenden Gesellschaften waren in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, in deren Folge die ....... GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) den Betrieb des Hotels im Mai 2007 übernahm.
Unter dem Datum des 1. August 2007 schlossen die Schuldnerin und der Kläger einen als Arbeitsvertrag bezeichneten Vertrag. Der Kläger wurde ab 1. August 2007 als "Mitarbeiter für Verkauf und Gastbetreuung" eingestellt. Zu diesem Arbeitsvertrag traf der Kläger mit der Schuldnerin unter dem 1. März 2008 sowie unter dem 1. August 2007 jeweils eine Zusatzvereinbarung. Nach der letzten Zusatzvereinbarung belief sich der Monatslohn des Klägers ab 1. Januar 2010 auf 1.029,90 € brutto zuzüglich einem vom Arbeitgeber zur privaten Krankenversicherung des Klägers zu zahlenden Anteil von 72,09 € netto.
Die am ..... geborene Klägerin hatte zusammen mit dem Kläger, ihrem Ehemann, und mehreren Gesellschaften das Hotel "......" betrieben. Mit der Klägerin schloss die Schuldnerin unter dem Datum des 1. Mai 2007 einen als Arbeitsvertrag bezeichneten Vertrag. Danach war die Klägerin ab 1. Mai 2007 als "Mitarbeiterin für Marketing, Grafik und Dekoration" eingestellt. In § 2 des Arbeitsvertrages ist ein Monatslohn in Höhe von 1.971,41 € brutto vereinbart.
Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der ..... GmbH mit Sitz im Ortsteil A..... der Stadt H..... Über das Vermögen der ..... GmbH hatte das Amtsgericht M... das Regelinsolvenzverfahren durch Beschluss vom 1. März 2010 - 340 IN 83/10 (351) - eröffnet und den Beklagten zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Termin zur Gläubigerversammlung wurde für den 12. Mai 2010 bestimmt.
Mit Schreiben vom 02.03.2010 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 30. April 2010. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde ebenfalls durch den Beklagten mit Schreiben vom 02.03.2010 zum 30. April 2010 gekündigt.
Gegen die Kündigung vom 2. März 210, zugegangen am gleichen Tage, erhob sowohl der Kläger als auch die Klägerin am 23. März 2010 beim Arbeitsgericht Magdeburg Klage mit dem Antrag,
festzustellen, dass Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 2.3.2010 nicht beendet ist.
Mit...