Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Urteil vom 15.08.1996; Aktenzeichen 8 Ca 3389/96) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Magdeburg vom15.08.1996 – 8 Ca 3389/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 23.02.1996 und der vorsorglich ordentlichen Kündigung vom 27.02. zum 30.06.1996, die die Beklagte wegen der Tätigkeit der Klägerin für das frühere MfS ausgesprochen hat. Ferner wehrt sich die Klägerin gegen die fristgerechte Kündigung vom 13.06. zum 30.09.1996 wegen Verschweigens dieser Tätigkeit.
Die am … geborene, geschiedene Klägerin ist noch einem Kind unterhaltspflichtig. Die Klägerin war seit dem 01.09.1972 bei der Deutschen Post tätig. Ihre Aufgabe im Fernmeldeamt … war, als Schaltwart Rangierungen und Schaltungen im Hauptverteiler herzustellen. Seit dem 01.12.1991 ist die Klägerin auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 14.01.1992, wegen dessen Inhaltes im einzelnen Bezug genommen wird auf die Fotokopie Bl. 8 d. A., im Geschäftskundenvertrieb der Beklagten in deren Niederlassung 2 in Magdeburg tätig. Der Geschäftskundenvertrieb ist eine Anlaufstelle für Geschäftskunden, die bei der Beklagten etwas kaufen oder sich beraten lassen wollen. Die Kunden sprechen persönlich oder telefonisch vor. Die Klägerin berät die Kunden und vermittelt sie gegebenenfalls an den zuständigen Kundenberater weiter.
Unter dem 19.11.1976 unterschrieb die Klägerin eine von ihr handschriftlich gefertigte „Verpflichtung” für das MfS, wegen deren Inhaltes im einzelnen Bezug genommen wird auf die Fotokopie Blatt 90 der Akten. Während ihrer Tätigkeit für das MfS vom 17.02.1977 bis zum 11.10.1989 nahm die Klägerin Parallelaufschaltungen für das MfS, Abteilung 26 (Telefonüberwachung) vor, die zum Abhören von Telefongesprächen dienten.
Mit Schreiben vom 19.02.1996 teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, sie beabsichtige, das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch außerordentliche Kündigung gemäß Anlage 1 … Abs. 5 Ziffer 2 des Einigungsvertrages zu beenden. Der Grund der Kündigung ergebe sich aus der Tätigkeit der Klägerin für das ehemalige MfS/AfNS. Wegen des weiteren Inhaltes des Anhörungsschreibens und dessen Anlagen wird Bezug genommen auf die Kopie Blatt 86 der Akten sowie die Kopien der Anlagen Blatt 84 und 85, 108 bis 111 und den beigefügten Einzelbericht des Bundesbeauftragten. Der Betriebsrat äußerte sich mit Schreiben vom 21.02.1996, das der Beklagten am folgenden Tage zugegangen ist, abschließend.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien unter Bezugnahme auf Anlage 1 … Abs. 5 Ziffer 2 des Einigungsvertrages mit Schreiben vom 23.02.1996 außerordentlich. Das Kündigungsschreiben ist der Klägerin am selben Tage zugegangen. Mit Schreiben vom 27.02.1996 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vorsorglich zum 30.06.1996. Schließlich kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 13.06.1996 zum 30.09.1996 mit der Begründung, das Vertrauensverhältnis sei gestört, weil die Klägerin ihre inoffizielle Tätigkeit für das MfS verschwiegen habe. Mit ihrer am 15.03.1996 beim Arbeitsgericht Magdeburg eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigungen vom 23. und 27.02.1996 seien unwirksam. Mit der am 25.06.1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung hat die Klägerin geltend gemacht, auch die Kündigung vom 13.06.1996 sei unwirksam.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 23.02.1996 noch durch die vorsorgliche ordentliche Kündigung vom 27.02.1996 und auch nicht durch die ordentliche Kündigung vom 13.06.1996 beendet worden ist;
- die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Angestellte in der Dienststelle GKV weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat – dies im einzelnen darlegend – geltend gemacht, die Kündigung sei wirksam.
Mit Teilurteil vom 15.08.1996, auf das zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Magdeburg – 8 Ca 3389/96 – festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 23.02. noch durch die vorsorgliche ordentliche Kündigung vom 27.02.1996 beendet worden sei. Wegen der Begründung wird Bezug genommen auf Blatt 119 bis 124 der Akten.
Gegen dieses ihr am 10.09.1996 zugestellte Urteil richtet sich die am 01.10.1996 eingelegte und – nach entsprechender Fristverlängerung – am 25.11.1996 begründete Berufung der Beklagten. Die Beklagte macht u. a. geltend, das Erscheinungsbild der Beklagten würde durch eine Weiterbeschäftigung der Klägerin nachhaltig beeinträchtigt. Das Vertrauen der Bürger, die die Dienstleistungen der Beklagten in Anspruch nähmen, in die Gewährleistung des Fernmeldegeheimnisses würde kaum ent...