Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung
Verfahrensgang
ArbG Stendal (Urteil vom 04.07.1996; Aktenzeichen 6 Ca 795/95) |
Nachgehend
Tenor
1) Die Berufung des Beklagten gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Stendal vom4. Juli 1996 – 6 Ca 795/95 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung des Beklagten vom 16. November 1995 bereits am 15. Dezember 1995 oder erst zum 31. Dezember 1995 wirksam beendet worden ist.
Der Kläger ist am … 1967 geboren und seit dem 20. März 1995 bei dem Beklagten als Elektroinstallateur beschäftigt auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 20. März 1995 (Bl. 4, d. A.). Ziffer 12 Abs. 3 des Arbeitsvertrags lautet:
„Die Aufhebung, Änderung und Ergänzung dieses Arbeitsvertrages müssen schriftlich festgehalten werden. Mündliche Vereinbarungen, sowie die mündliche Vereinbarung über die Aufhebung der Schriftform, sind nichtig.”
Am 16. November 1995 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers mündlich zum 14. Dezember 1995. Am 20. November 1995 erhielt der Kläger das Schreiben des Beklagten vom 16. November 1995 (Bl. 5, d. A.), in dem er unter der Oberschrift „Kündigung” erklärte: „Sehr geehrter Herr L. mit heutigem Datum kündige ich Ihr Arbeitsverhältnis zum 14. Dezember 1995.
Mit seiner am 5. Dezember 1995 beim Arbeitsgericht Stendal eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt und beantragt,
festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die mündliche und schriftliche Kündigung vom 16. November 1995 nicht mit dem 15. Dezember 1995, sondern erst mit dem 31. Dezember 1995 beendet wird.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 4. Juli 1996 stattgegeben. Zur Begründung hat es angeführt, daß die mündliche Kündigung des Beklagten gegen die vereinbarte Schriftform verstoßen habe. Das Arbeitsverhältnis des Klägers sei erst durch die schriftliche Kündigung wirksam zum 31. Dezember 1995 beendet worden. Im übrigen wird auf den Inhalt des Urteils (Bl. 31–38 d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses ihm am 2. August 1996 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. August 1996 eingelegte und begründete Berufung des Beklagten.
Er ist der Auffassung, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses werde von der Schriftformklausel des Arbeitsvertrags nicht erfaßt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 4. Juli 1996 – 6 Ca 795/95 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist wirksam erst durch die schriftliche Kündigung des Beklagten vom 16. November 1995 zum 31. Dezember 1995 aufgelöst worden.
Die mündliche Kündigung des Beklagten vom 16. November 1995 war gemäß § 125 S. 2 BGB i. V. m. Ziff. 12 des Arbeitsvertrags nichtig, da sie nicht in der vereinbarten Form erfolgte.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wurde von der im Arbeitsvertrag vereinbarten Schriftformklausel erfaßt. Zwar stellt sie weder eine Änderung noch eine Ergänzung des Arbeitsvertrags dar, da diese Rechtsgeschäfte eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses voraussetzen (LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 4. August 1994 = NZA 1995, S. 791; a. A. LAG Hamm. Urteil vom 8. März 1994 = NZA 1995, S. 993). Die Kündigung stellt indessen eine – wenn auch einseitige – Aufhebung des Arbeitsverhältnisses dar. Entgegen der Auffassung des Beklagten läßt sich eine Beschränkung der Schriftformklausel auf zweiseitige Rechtsgeschäfte über eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses weder dem Wortlaut noch der Systematik des Arbeitsvertrags entnehmen. Der Begriff „Aufhebung” erfaßt sowohl einseitige als auch zweiseitige Rechtsgeschäfte, die auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet sind. Nach der Systematik des Arbeitsvertrags enthält die Ziff. 5 zwar bestimmte Regelungen über die Kündigung. Diese sind jedoch nicht abschließend, wie sich bereits aus Ziff. 12 Abs. 1 ergibt. Danach hat der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen das Recht zur fristlosen Kündigung.
Auch wenn nach Ziff. 12 Abs. 3 S. 2 lediglich mündliche Vereinbarungen nichtig sein sollen, läßt sich daraus nicht der Schluß ziehen, eine mündliche Kündigung werde von der Schriftformklausel nicht erfaßt. Durch die Regelung in Ziff. 12 Abs. 3 S. 2 soll vielmehr die Tragweite der Schriftformklausel näher bestimmt werden. Einerseits werden die Arbeitsvertragsparteien daran gehindert, die Klausel durch eine bloß mündliche Vereinbarung zu beseitigen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine derartige Regelung die Parteien tatsächlich wirksam binden konnte. Andererseits verdeutlicht diese Regelung, daß die Schriftform nicht nur der Beweissicherung oder Klarstellung dienen soll, wie es die Formulierung in Ziff. 12 Abs. 3 S. 1 –...