Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersteilzeit eines Dezernenten der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau. Unbegründete Klage auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell bei ermessensfehlerfreier Ablehnung des Antrags und unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zum Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit im Bereich der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt vom 25.01.2012 (TV-ATZ LSA) hat der Arbeitnehmer nur einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber bei der Entscheidung über seinen Antrag billiges Ermessen entsprechend § 315 Abs. 1 BGB wahrt; dazu hat der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und die beiderseitigen Interessen angemessen zu wahren.

2. Die Ablehnung des Antrages eines Dezernenten der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau entspricht billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB, wenn das Interesse des beklagten Landes am Erhalt der Arbeitskraft des Arbeitnehmers dessen gegenläufiges Interesse deshalb überwiegt, weil der als Dezernent im Bereich "Futterpflanzen/Futterkonservierung" beschäftigte Arbeitnehmer der einzige ist, der über die notwendigen Fachkenntnisse verfügt, um eine wissenschaftliche Bearbeitung des Sachgebietes "Futterpflanzen/Futterkonservierung" zu gewährleisten und eine Verpflichtung des beklagten Landes, zur Ermöglichung von Altersteilzeit die Organisationsstruktur des Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (LLFG) dahin zu verändern, dass andere, fachlich dafür geeignete Angestellte oder Beamte versetzt werden und dort die Aufgaben des Arbeitnehmers (zusätzlich) übernehmen oder aber seinen Arbeitsplatz an einen anderen Standort zu verlegen, gemäß § 2 Abs. 1 TV ATZ LSA gerade nicht besteht.

3. Schließt der Arbeitgeber mit Beschäftigten Altersteilzeitverträge, obwohl er wegen Überschreitens der in § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltTzG geregelten Überlastungsquote hierzu nicht verpflichtet ist, erbringt er eine freiwillige Leistung und hat deshalb bei der Entscheidung über den Antrag eines Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten; verstößt der Arbeitgeber bei der Gewährung freiwilliger Leistungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf die vorenthaltene Leistung.

4. Zur Geltendmachung eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz trifft zunächst den Arbeitnehmer die Darlegungslast für sein Vorbringen, mit ihm vergleichbare Beschäftigte werden vom Arbeitgeber anders behandelt; erst nach einem solchen Vortrag hat der Arbeitgeber gemäß § 138 Abs. 2 ZPO darzulegen, wie groß der begünstigte Personenkreis ist, wie er sich zusammensetzt, wie er abgegrenzt ist und warum der klagende Arbeitnehmer nicht dazugehört.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; TV-ATZ LSA § 2 Abs. 1; TV-ATZ LSA § 3 Abs. 1 Nr. 3; BGB §§ 242, 315 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stendal (Entscheidung vom 25.02.2014; Aktenzeichen 3 Ca 456/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.12.2016; Aktenzeichen 9 AZR 606/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stendal vom 25.02.2014 - 3 Ca 456/13 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages (im Folgenden: ATZ-Vertrag).

Der am 11.12.1958 geborene Kläger ist seit 01.11.1992 bei dem beklagten Land beschäftigt. Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien findet u.a. der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit im Bereich der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts vom 24.01.2012 (TV ATZ LSA) Anwendung.

Dienstansässig ist der Kläger in der Landesanstalt für L (LLFG) am Standort I (Landkreis S). Die LLFG ist durch den Zusammenschluss mehrerer, an unterschiedlichen Standorten gelegener Landeseinrichtungen im Geschäftsbereich des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt (MLU) entstanden. Der Kläger übt eine Tätigkeit als Dezernent (Entgeltgruppe 14 TV-L) aus und betreut im Bereich des Dezernates 24 wissenschaftlich das Sachgebiet "Futterpflanzen/Futterkonservierung". Wegen der weiteren Einzelheiten der von dem Kläger zu verrichtenden Tätigkeiten wird auf die Auflistung des beklagten Landes im Schriftsatz vom 17.02.2015 (Bl. 60 d.A.) verwiesen. Am Standort I ist der Kläger der einzige Beschäftigte, der dem Dezernat 24 zugeordnet ist. Die weiteren Mitarbeiter dieses Dezernates üben ihre Tätigkeit am Hauptsitz des LLFG in B aus.

Mit Schreiben vom 17.10.2012 (Bl. 16 d.A.) beantragte der Kläger den Abschluss eines ATZ-Vertrages im Blockmodell beginnend am 01.01.2014 bis zum 31.12.2024, wobei die Freistellungsphase mit dem 01.07.2019 beginnen soll. Das beklagte Land lehnte mit Schreiben vom 19.03.2013 (Bl. 17 f d.A.) diesen Antrag ab.

Mit der vorliegenden Klag...

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