Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung eines Arbeitsverhältnisses durch gerichtlichen Vergleich. Unbegründete Feststellungsklage zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG schafft einen Sachgrund zur Befristung durch den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs; außergerichtliche Vergleiche schaffen demnach einen Sachgrund nur dann, wenn die Arbeitgeberin einen der Sachgründe Nr. 1 bis 7 des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG geltend macht.

2. Eine weitere Einschränkung, unter welchen Voraussetzungen ein gerichtlicher Vergleich zustande kommen kann, bestimmt § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG nicht; wie ein gerichtlicher Vergleich zustande kommt, ergibt sich aus § 278 Abs. 6 ZPO in seiner jeweils gültigen Fassung.

3. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 278 Abs. 6 ZPO erfüllt, handelt es sich auch um einen gerichtlichen Vergleich im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG; der innersystematische Aufbau des § 278 Abs. 6 ZPO in seiner neuen Fassung ab 01.09.2004 zeigt keine Differenzierung seiner Alternativen auf und verbietet deshalb deren unterschiedliche Behandlung.

4. Auch in der Protokollierung nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO liegt eine ausreichende Mitwirkung des Gerichts im Sinne einer inhaltlichen Verantwortung, die darin zum Ausdruck kommt, dass das Gericht den Vergleichsentwurf einer Kontrolle nach Verstößen gegen Strafgesetze oder nach den §§ 134, 138 BGB unterzieht und im Falle eines Verstoßes gegen Strafgesetze, gegen gesetzliche Verbote oder die guten Sitten der Vergleichsabschluss den Abschluss unterbindet; für eine Mitwirkung im Sinne einer inhaltlichen Verantwortung, die Schutzinteressen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, spricht ferner die Verpflichtung des Gerichts, bei Übernahme eines zwischen den Parteien abgestimmten Entwurfs zur Feststellung des Zustandekommens und des Inhalts eines gerichtlichen Vergleichs vor der Beschlussfassung die im Vergleich festgeschriebenen Pflichten zu prüfen und die Parteien entsprechend § 17 Abs. 2 BeurkG zu belehren.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8; ZPO § 278 Abs. 6 S. 1; TzBfG § 14 Abs. 2 S. 1; BGB §§ 242, 134, 138; BeurkG § 17 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 13.06.2013; Aktenzeichen 4 Ca 3755/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.03.2017; Aktenzeichen 7 AZR 369/15)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 13. Juni 2013 - 4 Ca 3755/12 - abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits I. und II. Instanz trägt die Klägerin.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses durch gerichtlichen Vergleich.

Die ... geborene Klägerin ist verheiratet und hat ein Kind. Sie war seit dem 1. August 2000 bei der Beklagten aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge als C... in der Niederlassung der Beklagten beschäftigt. Es handelt sich im Einzelnen um folgende Verträge:

1. Arbeitsvertrag vom 31.07.2000 für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum 31. Dezember 2000, befristet nach Beschäftigungsförderungsgesetz

2. Arbeitsvertrag vom 12.12.2000 für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Juli 2002, befristet nach Beschäftigungsförderungsgesetz

3. Arbeitsvertrag vom 22.07.2002 für die Zeit vom 1. August 2002 bis zum 14. Januar 2003, befristet nach § 14 Abs. 2 TzBfG

4. Arbeitsvertrag vom 20.03.2006 für die Zeit vom 3. April 2006 bis längstens zum 14. Mai 2006, befristet nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 TzBfG wegen des Aufbaus des ...-Rücksendezentrums bei der

5. Arbeitsvertrag vom 08.05.2006 für die Zeit vom 15. Mai 2006 bis längstens zum 10. August 2006, befristet nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 TzBfG, Vertretung der Arbeitnehmerin..., welche sich im Mutterschutzurlaub befand

6. Arbeitsvertrag vom 19.07.2006 für die Zeit vom 11. August 2006 bis längstens zum 28. Februar 2007, befristet nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 TzBfG, Vertretung der Arbeitnehmerin..., die Elternzeit bzw. Elterngeld in Anspruch nahm

7. Arbeitsvertrag vom 14.02.2007 für die Zeit vom 1. März 2007 bis längstens zum 30. Juni 2007, befristet nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 TzBfG, Vertretung der Arbeitnehmerin ..., die Elternzeit bzw. Elterngeld in Anspruch nahm

8. Arbeitsvertrag vom 18.06.2007 für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis längstens zum 31. Dezember 2007, befristet nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 TzBfG, Vertretung der Arbeitnehmerin ..., die Elternzeit bzw. Elterngeld in Anspruch nahm

9. Arbeitsvertrag vom 07.04.2008 für die Zeit vom 11. April 2008 bis längstens zum 30. September 2008, befristet nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 TzBfG, Vertretung der Arbeitnehmerin ..., welche sich im Mutterschutzurlaub befand

10. Änderungsvertrag vom 19.09.2008 Verlängerung der Befristungsdauer bis längstens zum 30. Dezember 2008, weitere Vertretung der Arbeitnehmerin ...

11. Arbeitsvertrag vom 13.01.2011 für die Zeit vom 17. Januar 2011 bis längstens zum 28. Februar 2011, befristet nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 TzBfG, Vertretung der Arbeitnehmerin ..., welche ...

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