Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichlauf des Entgelts und der Beförderung bei beamteten und angestellten Lehrkräften. Höhergruppierung einer Lehrkraft nach Wahrnehmung des Funktionsamts und erfolgreicher Erprobungszeit. Sprungbeförderung nur ausnahmsweise nach den Vorgaben der Laufbahnverordnung. Keine Verlängerung der gesetzlich geregelten Beförderungswartezeit durch Kabinettsbeschluss der Landesregierung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine angestellte Lehrkraft ist nach Maßgabe der für eine vergleichbare beamtete Lehrkraft geltenden Bestimmungen für eine Beförderung höherzugruppieren.
2. Allein die Wahrnehmung des Funktionsamtes ist für die Höhergruppierung nicht ausreichend.
3. Auch die bereits im Funktionsamt tätige Lehrkraft hat vor der Höhergruppierung eine Erprobungszeit erfolgreich zu absolvieren
4. Eine Sprungbeförderung ist ausgeschlossen, es sei denn die Laufbahnverordnung bestimmt eine Ausnahme von dem Grundsatz des Durchlaufens der Ämter.
5. Der Kabinettsbeschluss der Landesregierung aus dem Jahr 1995 kann die im zeitlich nachfolgenden Landesbeamtengesetz LSA geregelte Beförderungswartezeit nicht wirksam verlängern.
Leitsatz (redaktionell)
Die vergütungsrechtliche Gleichbehandlung für Lehrkräfte, unabhängig davon, ob sie im Beamten- oder Angestelltenstatus stehen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die im Angestelltenverhältnis beschäftigten und nach ihren fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen mit den Beamten gleichartigen Lehrkräfte sollen ein der Beamtenbesoldung annähernd gleiches Entgelt erhalten. Das ist sachgerecht, weil angestellte und beamtete Lehrkräfte oft nebeneinander an derselben Schule und zumeist unter weitgehend gleichen äußeren Arbeitsbedingungen tätig sind. Dieser Gleichlauf bezieht sich nicht nur auf die Entgelthöhe, sondern auch auf die Voraussetzungen für eine Beförderung einer verbeamteten Lehrkraft.
Normenkette
BGB § 612 Abs. 2; LBG LSA § 17 S. 2, § 22 Abs. 2 Nrn. 3-4, § 27; TV-L i.d.F. des § 3 TV EntgeltO Fassung: 2015-03-28; TV-L § 12 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Halle (Entscheidung vom 07.04.2017; Aktenzeichen 7 Ca 1975/16 E) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Landes und der Klägerin wird unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Rechtsmittel das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 07.04.2017 - 7 Ca 1975/16 E - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.10.2017 nach der Entgeltgruppe 15 TV-L nebst einer Amtszulage nach Besoldungsgruppe A 15, Fußnote 1 iVm Anlage 8 Landesbesoldungsgesetz - LBesG LSA zu vergüten und die sich daraus ergebenden Bruttodifferenzbeträge ab dem Tag nach dem Zahltag iSd § 24 Abs. 1 TV-L in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Klägerin trägt 2/3 und das beklagte Land 1/3 der Kosten des Rechtsstreits.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Zeitpunkt von dem ab der Klägerin eine Vergütung für ihre Tätigkeit als ständige Vertreterin des Schulleiters zu zahlen ist sowie über einen Anspruch auf eine Zulage für diese Tätigkeit.
Die Klägerin (*) ist seit dem 01.08.2002 bei dem beklagten Land beschäftigt. Sie verfügt über ein Lehramt an Gymnasien in den Fächern Biologie und Sport.
Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 09.07.2002 vereinbarten die Parteien in
"§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT - O) vom 10.12.1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung.
Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge und die Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 L I BAT-O) Anwendung.
...
§ 4
Für die Eingruppierung gelten die Eingruppierungsrichtlinien des Landes Sachsen-Anhalt über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte in der jeweiligen Fassung. Danach ist die Angestellte in die Vergütungsgruppe IIa +Z BAT - O eingruppiert."
Die zum 01.11.2006 wurde die Klägerin in die Entgeltgruppe E 13 TV - L übergeleitete Klägerin bewarb sich auf die im Schulverwaltungsblatt LSA 4/2015 ausgeschriebene Stelle einer ab 01.08.2015 zu besetzenden Stelle einer stellvertretenden Schulleiterin am Domgymnasium in M. Die Stellenwertigkeit wurde dort mit A 15 + Amtszulage angegeben.
Bei dem Domgymnasium handelt es sich um ein vollausgebautes Gymnasium mit mehr als 360 Schülerinnen und Schülern.
Unter dem 08.10.2015 teilte ihr das Landesschulamt mit:
"Bestellung zur ständigen Vertreterin des Schulleiters am Domgymnasium M.
Sehr geehrte Frau B.,
Sie haben sich auf o. g. Stelle beworben. Nach Durchführung des Auswahlverfahrens bestelle ich Sie mit sofortiger Wirkung zur ständigen Vertreterin des Schulleiters am Domgymnasium M.
...
Hins...