Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung

 

Verfahrensgang

ArbG Dessau (Urteil vom 14.10.1993; Aktenzeichen 11 Ca 358/91)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.04.1997; Aktenzeichen 8 AZR 1017/94)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau vom 14.10.1993–11 Ca 358/91 – abgeändert.

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des beklagten Landes vom 26.9.1991 nicht beendet worden ist.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung wegen fehlender persönlicher Eignung des Klägers nach Kap. XIX, Sachgeb. A, Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Nr. 1 der Anl. I zu Art. 20 Abs. 1 des Einigungsvertrages (im folgenden: Abs. 4 Nr. 1 EV).

Der Kläger ist 50 Jahre alt und verheiratet. Er ist seit 1961 – unterbrochen durch den Wehrdienst – im Schuldienst der DDR bzw. des beklagten Landes tätig.

Der Kläger war zunächst als Unterstufenlehrer tätig und unterrichtete nach Erwerb der Lehrbefähigung als Fachlehrer für das Fach Kunsterziehung von 1966–1974 an der Erich-Weinert-Oberschule in Z. und als Wanderlehrer an der POS in D.. Von 1974 bis 1978 war der Kläger Direktor der 2. Oberschule Z.. Von 1978 bis 1989 arbeitete der Kläger beim Rat des Kreises Z. in der Abteilung Volksbildung. Dort übte er von 1978 bis 1979 die Tätigkeit eines Schulinspektors aus. Von 1979 bis 1984 hatte er die Funktion des 1. Stellvertreters des Kreisschulrates und von 1984 bis 1989 die des Kreisschulrates inne. Die zuletzt genannte Funktion legte er mit Antrag vom 10.11.1989 nieder.

Von Dezember 1989 bis zu seiner Entlassung im Dezember 1991 war er als Lehrer an der 1. und 3. POS Z. und dem Haus der Schuljugend Z. tätig zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 2.100,– DM.

Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger gemäß der Empfehlung der Personalkommission mit einem dem Kläger am 26.9.1991 zugegangenen Schreiben aufgrund mangelnder persönlicher Eignung. Zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung war weder der Bezirkspersonalrat der oberen Schulbehörde noch der Hauptpersonalrat beim Kultusministerium konstituiert.

Mit seiner am 9.10.1991 beim Arbeitsgericht Dessau eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die ausgesprochene Kündigung und begehrt die Weiterbeschäftigung als Lehrer.

Er hat die Auffassung vertreten, weder personen- noch verhaltensbedingte Gründe könnten die Kündigung rechtfertigen. Das beklagte Land habe nicht seine Tätigkeit bewertet, sondern zentrale Arbeitsanweisungen bezüglich der Tätigkeit eines Schulinspektors, und dies auch noch fehlerhaft. Die Tätigkeit eines Schulinspektors sei auf den Direktor der Schulen und nicht auf die Lehrer ausgerichtet gewesen. Im übrigen beschäftige das beklagte Land den Leiter der ehemaligen Bezirksschulinspektion weiterhin im öffentlichen Dienst, ebenso den Leiter der ehemaligen Kreisschulinspektion und auch den vorherigen Direktor des pädagogischen Kreiskabinetts. Die notwendige Einzelfallprüfung habe das beklagte Land nicht vorgenommen. Zu seiner politischen Grundeinstellung sei anzumerken, daß er im Dezember 1989 ein Parteiverfahren mit einer Befragung vor der Parteikontrollkommission wegen parteischädigenden Verhaltens und im Nachgang im Januar/Februar 1990 ein Disziplinarverfahren durch seinen dienstlichen Vorgesetzten erhalten habe.

Insgesamt rechtfertigten die genannten Tätigkeiten nicht die Annahme, er, der Kläger, sei als Lehrer persönlich nicht geeignet. Es fehle bereits an einer negativen Zukunftsprognose. Seine Tätigkeit, die zur Begründung der Kündigung herangezogen worden sei, liege schon gewisse Zeit zurück. Sie müsse aus historischen Gründen als abgeschlossener Vorgang betrachtet werden. Dagegen habe das beklagte Land nicht dargetan, daß er sich nach wie vor für eine Partei oder Gruppierung mit verfassungsfeindlichen Zielen engagiere, was er im übrigen auch nie getan habe.

Der Kläger hat beantragt.

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des beklagten Landes, zugegangen am 26.9.1991, nicht aufgelöst worden ist,
  2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Lehrer weiter zu beschäftigen.

Mit Urteil vom 14.10.1993 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 6.300,– DM festgesetzt.

Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der persönliche Werdegang des Klägers rechtfertige die Annahme des beklagten Landes, der Kläger sei persönlich nicht geeignet, als Lehrer weiterbeschäftigt zu werden. Die Kündigung sei auch nicht deswegen unwirksam, weil das beklagte Land den Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört habe.

Ein zuständiger Personalrat habe nämlich im Zeitpunkt der Kündigung nicht bestanden. Soweit eine Zurückweisung der Kündigungserklärung nach § 174 BGB in Betracht komme, habe der Kläger diese Zurückweisung jedenfalls nicht unverzüglic...

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