Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Hinreichende Erfolgsaussciht. Anfechtung eines Aufhebungsvertrags wegen widerrechtlicher Drohung. Beweisangebot

 

Leitsatz (redaktionell)

Die gerichtliche Geltendmachung der Anfechtung eines Aufhebungsvertrags wegen widerrechtlicher Drohung bietet hinreichende Erfolgsaussichten, wenn der Antragsteller im Prozesskostenhilfeverfahren für ein Vier-Augen-Gespräch Beweis durch Parteivernehmung anbietet.

 

Normenkette

BGB § 123; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 08.01.2008; Aktenzeichen 5 Ca 2818/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 8.1.2008 – 5 Ca 2818/07 – aufgehoben, soweit die Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht versagt worden ist.

Das Verfahren wird zur Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an das Arbeitsgericht zurückgegeben.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Mit ihrer Beschwerde erstrebt die Klägerin Bewilligung der Prozesskostenhilfe.

Die Klägerin ist 1974 geboren, ledig und hat keine Kinder. Sie war seit dem

15.04.1998 bei der Beklagten, die drei Altenheime betreibt, beschäftigt. Zuletzt war sie als Hauswirtschafterin und Springkraft in sämtlichen drei Heimen eingesetzt. Das zuletzt erzielte Monatseinkommen betrug 1.566,89 Euro.

Am 30.08.2007 fand zwischen der Klägerin und der Heimleiterin der Beklagten, Frau J. R., ein etwa 10minütiges Gespräch statt. Dabei unterzeichnete die Klägerin einen Vertrag zur einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2007 (Anlage K 2, Bl. 7 d. A.). Die Einzelheiten, wie es zu dem Abschluss des Auflösungsvertrages gekommen ist, sind zwischen den Parteien strittig. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23.10.2007 erklärte die Klägerin die Anfechtung dieses Auflösungsvertrages.

Die Klägerin hat mit Fax vom 01.11.2007 Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben und beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch den Auflösungsvertrag vom 30.08.2007 nicht beendet worden ist und die Beklagte sie zu unveränderten Bedingungen als Hauswirtschafterin weiter zu beschäftigen sowie entsprechende Lohnzahlungen zu leisten hat. Zugleich hat sie beantragt, ihr hierfür Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Die Klägerin hat behauptet, sie sei in dem Gespräch vom 30.08.2007 durch die Heimleiterin, Frau R., unter Androhung einer fristlosen Kündigung sowie unter Androhung der Ausstellung eines schlechten Arbeitszeugnisses zur Unterzeichnung des Auflösungsvertrages gezwungen worden.

Die Beklagte hat den von der Klägerin geschilderten Gesprächsverlauf bestritten. Die Heimleiterin habe der Klägerin erklärt, es sei durch rückläufige Belegungszahlen und die Fremdvergabe hauswirtschaftlicher Dienstleistungen ein Personalüberhang entstanden, bei dessen Abbau auch der Arbeitsplatz der Klägerin betroffen sei. Der Klägerin sei erläutert worden, dass es die Möglichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine fristgerechte betriebsbedingte Kündigung oder durch die Vereinbarung der Auflösung gäbe. Daraufhin habe sich die Klägerin für einen Auflösungsvertrag entschieden und um eine sofortige Freistellung sowie eine Abfindung gebeten.

Mit Beschluss vom 08.01.2008 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Die Klägerin habe es versäumt, ihren Vortrag über den Gesprächsablauf am 30.08.2007 nach dem qualifizierten Bestreiten durch die Beklagte weiter zu substantiieren und Beweis anzubieten. In der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2008, in der die Parteien sich verglichen haben, hat die Klägerin erstmalig Beweis durch Parteivernehmung angeboten. Die Beklagte hat der Parteivernehmung der Klägerin widersprochen. Das Arbeitsgericht hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass das Beweisangebot verspätet sei, da die Zeugin R. nicht geladen worden sei.

Gegen den Beschluss, mit dem der Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen wurde, hat die Klägerin am 30.01.2008 Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

Die Klägerin meint, sie habe ausreichend vorgetragen und Beweis durch die eigene Vernehmung als Partei angeboten. Diesem Antrag hätte stattgegeben werden müssen. Das Arbeitsgericht habe auch weder einen richterlichen Hinweis zur Parteivernehmung gegeben noch zur Vorbereitung des Kammertermins auf die Folgen verspäteten Vortrags hingewiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

In der Sache hat sie derzeit Erfolg, soweit Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht versagt worden ist.

Gem. § 114 ZPO erhält eine Partei Prozesskostenhilfe, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Vorschrift verlangt nicht Erfolgsgewissheit, sondern l...

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