Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung. Leiharbeitnehmer. gewerbsmäßig. Konzern
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betriebsrat des Entleiherbetriebes hat einen Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG i. V. m. § 1 Abs. 1 Ziffer 1 AÜG, wenn der gewerbsmäßig handelnde Verleiher keine Erlaubnis hat.
2. Auch ein Verleiher, der auf Selbstkostenbasis tätig wird, betreibt gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, wenn sich dies wirtschaftlich positiv auf den Konzern auswirkt, zu dem er gehört. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Konzernmutter im Wege eines Geschäftsbersorgungsvertrages sämtliche im Zusammenhang mit der Verleihung von Arbeitnehmern anfallende Verwaltungsaufgaben für den Verleiher übernimmt und zwischen beiden ein Gewinnabführungsvertrag existiert.
Normenkette
BetrVG § 99; AÜG § 14 Abs. 3, § 1 Abs. 3 Ziff. 2, Abs. 1 Ziff. 1
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Beschluss vom 06.12.2007; Aktenzeichen 2 BV 94 d/07) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 06.12.2007 – 2 BV 94 d/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung eines Leiharbeitnehmers.
Die antragstellende Arbeitgeberin (im Folgenden: P.) betreibt ein Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs. Der Antragsgegner ist Betriebsrat im Betrieb der P.. Die P. ist ein Konzernunternehmen der V.-AG. Die V.-AG schloss mit ihr einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ab.
Ein Tochterunternehmen der P. ist die Firma G. GmbH. Diese befasst sich ebenfalls mit dem öffentlichen Personennahverkehr.
Die V.-AG hat ein weiteres Tochterunternehmen, die H … gesellschaft mbH (im Folgenden: HB). Diese wurde am 21. Dezember 2006 ins Handelsregister eingetragen. Gegenstand ihres Unternehmens ist nach der Eintragung:
„Der Betrieb eines Unternehmens der Personenbeförderung in allen der Gesellschaft von den Behörden erlaubten Formen (insbesondere Linien- und Gelegenheitsverkehr), die Vermittlung von Beförderungsangeboten sowie die gewerbliche Überlassung von Arbeitnehmern nebst allen diesem Zweck dienenden Geschäften.”
Die HB verfügt über keine eigenen Betriebsmittel. Sie ist derzeit Vertragsarbeitgeberin von ca. 70 an die P./G. GmbH verliehenen ganz überwiegend befristet eingestellten Arbeitnehmern und von ca. weiteren 70 an die V.-AG verliehenen Arbeitnehmern.
Zur Reduzierung von Personalkosten und zur Steigerung der Flexibilität entschloss sich die P., neue Mitarbeiter künftig nicht mehr selbst oder über ihr Tochterunternehmen G. GmbH einzustellen, sondern diese von ihrer Schwester, der HB auszuleihen. Dazu schloss sie mit der HB einen Rahmenvertrag zur konzerninternen Überlassung von Arbeitnehmern, nämlich Kraftomnibusfahrern.
Gemäß § 2 dieser Rahmenvereinbarung zahlt die P. an die HB die für die einzelnen Arbeitnehmer im Überlassungszeitraum jeweils anfallenden Gesamtlohnkosten zuzüglich einer fünfprozentigen Verwaltungspauschale. Gemäß § 3 hat die HB dafür Sorge zu tragen, dass auf die Arbeitsverträge der überlassenen Arbeitnehmer der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer/-innen des privaten Omnibusgewerbes in Schleswig-Holstein vom 16. Juli 1996 in seiner jeweils gültigen Fassung zur Anwendung kommt. Gemäß § 4 ist die P. berechtigt, die durch die HB zur Verfügung gestellten Mitarbeiter im gesamten Streckengebiet einzusetzen. Die HB tritt insoweit ihre Ansprüche auf Erbringung der vertragsgemäßen Tätigkeit gegenüber den überlassenen Arbeitnehmern an die P. ab. Diese ist wiederum für die Dauer der Überlassung gemäß § 4 Abs. 2 des Rahmenvertrages Inhaberin des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts. Gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 des Rahmenvertrages ist die P. berechtigt, den an sie überlassenen Arbeitnehmern tätigkeitsbezogene Weisungen zu erteilen und die Erfüllung dieser Weisungen zu überwachen. Sie ist gemäß § 4 Abs. 2 S. 3 ermächtigt, disziplinarische Maßnahmen, insbesondere Ermahnungen, Abmahnungen und Kündigungen gegenüber den Arbeitnehmern im Namen der HB zu erklären.
Die HB hat mit Ausnahme der verliehenen Arbeitnehmer kein eigenes Personal. Sie schloss mit ihrer Mutter, der V.-AG, einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der zum Vertragsgegenstand hat die Übertragung der Bearbeitung von Verwaltungstätigkeiten von der HB an die V. insbesondere im Bereich der Personalwirtschaft. In § 1 S. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrages (Bl. 19 d. A.) verpflichtet sich die V.-AG, für die HB in gleicher Weise die erforderlichen Personal- und Sachkapazitäten einzusetzen, wie sie dies in eigenen Angelegenheiten tut. Der Leistungsumfang erstreckt sich beispielhaft ausweislich der von der V.-AG und der HB unterzeichneten Anlage zum Geschäftsbesorgungsvertrag (Bl. 21 d. A.) auf folgende Verwaltungstätigkeiten:
- • Stellenausschreibungen
- • Tätigkeiten bei der Einstellung und Einführung neuer Mitarbeiter sowie beim Ausscheiden von Mitarbeitern
- • Anlegen und Führen von Personalakten
- • Bearbeitung von Arbeits-, Urla...