Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit bei Klage auf Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III
Leitsatz (redaktionell)
Für eine Klage auf Berichtigung einer gem. § 312 SGB III erteilten Arbeitsbescheinigung steht der Rechtsweg zu den Sozialgerichten und nicht zu den Arbeitsgerichten offen, da es sich um keine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit handelt. Alle mit den Voraussetzungen, dem Inhalt und den Rechtsfolgen einer Arbeitsbescheinigung zusammenhängenden Fragen sind öffentlich-rechtlicher Art und richten sich nach den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e); SGB III § 312
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 29.07.2021; Aktenzeichen 4 Ca 359 a/21) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 29.07.2021 - 4 Ca 359 a/21 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Verweisung des Rechtsstreits an das Sozialgericht.
In der Hauptsache streiten die Parteien über die Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III.
Die Beklagte erteilte dem Kläger eine Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III. Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe die Arbeitsbescheinigung an verschiedenen Punkten (unter den Ziffern 4.1, 4.2 und 7) falsch ausgefüllt und verlangt Berichtigung bzw. Erteilung einer korrekten Bescheinigung. Einen entsprechenden Antrag hat er zuletzt mit Schreiben vom 18.06.2021 angekündigt.
Die Beklagte hat die Rechtswegzuständigkeit des Arbeitsgerichts gerügt. Zuständig sei das Sozialgericht.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 29.07.2021 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht I. verwiesen. Die den Inhalt der Arbeitsbescheinigung betreffenden Fragen fielen nicht in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit.
Gegen den Beschluss hat der Kläger am 31.07.2021 sofortige Beschwerde eingelegt. Er meint, er könne eine Arbeitsbescheinigung verlangen, neben der Abrechnung fordern und einklagen.
II.
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist statthaft und zulässig, §§ 48 ArbGG, 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Rechtstreit zu Recht an das Sozialgericht verwiesen.
Die Gerichte für Arbeitssachen sind für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 e ArbGG zuständig. Gemäß dieser Vorschrift sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten über Arbeitspapiere. Darunter fallen alle Bescheinigungen und Erklärungen, die der Arbeitgeber über das Arbeitsverhältnis oder einzelne seiner Elemente aufgrund privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Verpflichtung abzugeben hat, u.a. die im Zusammenhang mit öffentlich-rechtlichen Leistungen stehenden Bescheinigungen nach dem SGB III. Nach allgemeiner Ansicht ist deshalb der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet für Klagen auf Erteilung und Herausgabe einer Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III (vgl. BAG 30.08.2000 - 5 AZB 12/00 -; Hauck/Noftz/Voelzke, SGB, § 312 SGB III Rn. 23).
Dagegen ist für eine Klage auf Berichtigung einer gemäß § 312 SGB III zu erteilenden Arbeitsbescheinigung der Rechtsweg zu den Sozialgerichten und nicht zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Hierbei handelt es sich um keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit. Das Bundesarbeitsgericht hat dies bereits mit Urteil vom 13.05.1988 (5 AZR 467/87) für die Arbeitsbescheinigung nach § 133 Abs. 1 ArbGG entschieden. Das Bundessozialgericht ist dem gefolgt (BSG 12.12.1990 - 11 Rar 43/88 -; LSG Berlin-Brandenburg 14.01.2008 - L 16 B 426/07 AL -; vgl. auch BAG 15.01.1992 - 5 AZR 15/91 - und BAG 11.06.2006 - 5 AZB 1/03). Auch die Beschwerdekammer hat sich dem bereits in der Vergangenheit angeschlossen (Beschluss vom 22.10.2015 - 6 Ta 173/15 -), denn alle mit den Voraussetzungen, dem Inhalt und den Rechtsfolgen einer Arbeitsbescheinigung zusammenhängenden Fragen sind öffentlich-rechtlicher Art. Maßgeblich sind öffentlich-rechtliche Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts.
Im vorliegenden Fall geht es dem Kläger mit seiner Klage um die Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung und nicht um deren erstmalige Erteilung. Denn die Beklagte hat dem Kläger bereits eine Bescheinigung auf dem Formular der Agentur für Arbeit ausgestellt und übersandt. Die wesentlichen Angaben zu den persönlichen Daten des Klägers, zum Beschäftigungsverhältnis, zur wöchentlichen Arbeitszeit, zum Arbeitsentgelt und zur Kündigungsfrist finden sich auf dem Formular. Damit ist der Anspruch auf Erteilung und Herausgabe einer Arbeitsbescheinigung erfüllt. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Kläger die Richtigkeit einiger Angaben moniert.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Fundstellen
Haufe-Index 14983606 |
EzA-SD 2022, 16 |
NZA-RR 2021... |