Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Beschlussverfahren. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Regelwert. Einstweilige Verfügung. Betriebsänderung. Personelle Maßnahme. Interessenausgleich. Sozialplan. Einstellung des Verfahrens. Wertfestsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten ist nach § 8 Abs. 2 BRAGO der Gegenstandswert mit 4.000 Euro, nach Lage des Falls höher oder niedriger, nicht aber über 500.000 Euro anzunehmen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere Umfang, Schwierigkeit und Dauer des Verfahrens, die objektiv zu beurteilende Bedeutung der Angelegenheit, der Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts sowie die Leistungsfähigkeit des Auftraggebers.

2. Bei einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein solches Verfahren einen geringeren Schwierigkeitsgrad aufweist oder weniger Aufwand fordert und damit eine Verringerung des Werts im Vergleich zur Hauptsache anzunehmen ist.

 

Normenkette

BRAGO § 8 Abs. 2; ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Beschluss vom 14.11.2001; Aktenzeichen 5 BV Ga 33 b/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 14.11.2001 – 5 BV Ga 33 b/01 – abgeändert:

Der Wert des Streitgegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers wird auf 4.000 EURO festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Wertfestsetzung für ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Beschlussverfahren.

Der Antragsteller ist der im Betrieb der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat. Er reichte am 17.7.2001 mit Fax und 18.7.2001 im Original einen Antrag ein, mit dem erstrebt wurde, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, im Rahmen einer Betriebsänderung vor Abschluss des Interessenausgleichs personelle Maßnahmen zu treffen. Der auf den 23.7.2001 bestimmte Termin wurde nicht durchgeführt, da die Betriebsparteien zwischenzeitig einen Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen hatten. Nach Einstellung des Verfahrens haben die Verfahrensbevollmächtigten Wertfestsetzung beantragt, die das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 14.11.2001 in Höhe von 16.000 DM vorgenommen hat. Dieser Beschluss ist den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin ausweislich des unterzeichneten Empfangsbekenntnisses (Bl. 79 d.A.) am 22.11.2001 zugestellt worden. Sie haben am 5.12.2001 mit Fax und 6.12.2001 im Original Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde „aus Gründen der erstinstanzlichen Rechtseinheit” nicht abgeholfen und die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die aufgrund der Beschwer statthafte Beschwerde hat nur teilweise Erfolg.

Die Beschwerdefrist ist eingehalten. Auch wird aus der Beschwerdeschrift deutlich, dass die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin nicht in eigenem Namen, sondern für die Antragsgegnerin Beschwerde führen.

Das Landesarbeitsgericht ist auch für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig, obwohl der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts eine Auseinandersetzung mit den wechselseitigen Argumenten der Beteiligten vermissen lässt. Eine Zurückverweisung, um eine in der Sache begründete Nichtabhilfeentscheidung zu erreichen, ist nicht zwingend erforderlich.

Der Wert ist mit 4.000 EURO anzusetzen.

Bei der Streitigkeit, die Gegenstand dieses Verfahrens war, handelte es sich um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit betriebsverfassungsrechtlicher Art. Bei nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten ist gemäß § 8 Abs. 2 BRAGO der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert auf 4.000 EURO (früher: 8.000 DM), nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000 EURO (früher: eine Million DM) anzunehmen.

Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammer und anderer Kammern des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein handelt es sich bei dem Wert nach § 8 Abs. 2 BRAGO um einen solchen Regelwert (LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 21.4.1988 – 4 Ta 77/88 –; Beschluss vom 15.4.1997 – 6 Ta 58/97 –; Beschluss vom 4.2.19999 – 6 Ta 117/98 –). Dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere Umfang, Schwierigkeit und Dauer des Verfahrens, die objektiv – nicht subjektiv aus der Sicht eines der Beteiligten – zu beurteilende Bedeutung der Angelegenheit, der Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts und die Leistungsfähigkeit des Auftraggebers. Auf etwaige wirtschaftliche Auswirkungen auf das Unternehmen und/oder die Arbeitnehmer kommt es nicht an. Es geht allein um die Beteiligung des Betriebsrats in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht, hier im Verfahren nach § 99 ...

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