Entscheidungsstichwort (Thema)
Einsichtnahme des Betriebsrats in Bruttolohn- und Gehaltslisten zur Überwachung des Gleichbehandlungsgrundsatzes
Leitsatz (amtlich)
Zur Überprüfung, ob der Arbeitgeber den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen der Vergütung einhält, ist der Betriebsrat berechtigt, in die Bruttolohn- und Gehaltsliste sämtlicher Arbeitnehmer des Unternehmens mit Ausnahme der leitenden Angestellten Einsicht zu nehmen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber mehrere Betriebe führt, für die eigenständige Betriebsräte gewählt worden sind.
Normenkette
BetrVG § 80 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1; BGB § 242; BetrVG §§ 50, 80 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Sätze 1-2; BDSG § 2 Abs. 1, § 32 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 03.06.2015; Aktenzeichen 1 BV 10 c/15) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 03.06.2015 - 1 BV 10 c/15 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor der Entscheidung klarstellend wie folgt gefasst wird:
Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, den Mitgliedern des Betriebsausschusses des Antragstellers Einsicht in die mit Januar 2014 beginnenden Bruttolohn- und Gehaltslisten aller im Unternehmen der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten zu gewähren.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten über den Umfang des Einsichtsrechts des antragstellenden Betriebsrats in die bei der Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) geführten Bruttolohn- und Gehaltslisten.
Die Arbeitgeberin führt den Omnibuslinienverkehr im Rahmen des H. Verkehrsverbunds durch. Für ihr Unternehmen sind vier Betriebsräte errichtet, darunter der Antragsteller sowie die Betriebsräte in B., Q. und E.. Es besteht ein Gesamtbetriebsrat. Der antragstellende Betriebsrat besteht aus elf Mitgliedern und hat einen Betriebsausschuss gebildet.
Mit Schreiben vom 29.01.2015 begehrte der Antragsteller die Einsichtnahme in die Bruttolohn- und Gehaltslisten sämtlicher Mitarbeiter des Unternehmens. Die Arbeitgeberin lehnte dies mit dem Hinweis ab, der Betriebsrat sei nur für die S. Mitarbeiter zuständig und könne daher nur Einsicht in deren Gehaltslisten erhalten. Darauf hat der Betriebsrat das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet.
Mit Schreiben vom 04.03.2015 hat der Betriebsrat B. die Arbeitgeberin darauf hingewiesen, er habe einen Beschluss dahingehend gefasst, dass Betriebsräte anderer Betriebshöfe nicht in die Gehaltslisten Einsicht nehmen dürften, für die er zuständig sei.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Mitgliedern des Betriebsausschusses Einsicht in die mit Januar 2014 beginnenden Bruttolohn- und Gehaltslisten hinsichtlich sämtlicher Entgeltbestandteile aller Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten der Betriebe in B., E., G., G., S. und Q. zu gewähren.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag des Betriebsrats erkannt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Weitere Betriebsräte und der Gesamtbetriebsrat seien am vorliegenden Verfahren nicht zu beteiligen, da sie nicht in ihren Rechten betroffen seien. Der Antrag sei begründet. Dies folge aus § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG i. V. m. dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser greife auch dann ein, wenn eine entgeltverteilende Entscheidung des Arbeitgebers nicht auf einen Betrieb beschränkt sei. Das Einsichtnahmerecht des Betriebsrats auch in die Lohn- und Gehaltslisten anderer Betriebe diene dazu, dem Betriebsrat Kenntnis darüber zu verschaffen, ob die Arbeitgeberin entgegen dem Gleichbehandlungsgrundsatz Leistungen gewähre. Datenschutzrechtliche Bedenken bestünden nicht.
Gegen diesen am 18.06.2015 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 25.06.2015 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 18.09.2015 am 17.09.2015 begründet.
Sie führt aus: An dem Verfahren seien auch der Gesamtbetriebsrat sowie die weiteren für ihr Unternehmen gebildeten Betriebsräte zu beteiligen. Das Einsichtsrecht könne tatsächlich auch die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der weiteren Betriebsräte und des Gesamtbetriebsrats betreffen. Die Ansicht des Arbeitsgerichts, die weiteren Betriebsräte hätten neben dem Antragsteller jeweils ein eigenes Einsichtsrecht, sei fehlerhaft. So habe der Betriebsrat B. bereits die Einleitung eines Beschlussverfahrens vor dem Arbeitsgericht H. angedroht, sofern die Arbeitgeberin gegen dessen Beschluss verstoße. Die Frage des Einsichtnahmerechts müsse also einheitlich entschieden werden.
Der Antrag sei auch unzulässig. Der Zeitraum, für den die Einsichtnahme verlangt werde, sei nicht bestimmt, es fehle das Enddatum. Ihr Unternehmen verfüge nur über drei weitere Betriebe. Es gebe die im ...