Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfestsetzungsverfahren. Kostenfreies Beschlussverfahren. Beschwerdeverfahren. Kostenpflicht. Wertfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bemessung des Gegenstandswerts eines Beschlussverfahrens nach § 99 BetrVG mit dem der Arbeitgeber die Zustimmungsersetzung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern verfolgt, richtet sich nach § 23 Abs. 3 RVG. Wertbestimmende Faktoren sind dabei auch die betriebsverfassungsrechtlichen Rechtspositionen, um deren Klärung es im Beschlussverfahren geht (Anschluss an LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 21.12.2004 – 5 Ta 236/04).
2. Die Kostenfreiheit des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens hat nicht zur Folge, dass auch das Beschwerdeverfahren gegen die Streitwertfestsetzung ebenfalls kostenfrei wäre (Anschluss an LAG Köln, Beschluss v. 19.05.2004 – 10 Ta 79/04).
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3, § 33 Abs. 9; BetrVG § 99
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Beschluss vom 29.06.2005; Aktenzeichen 6 BV 12/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegnervertreters gegen den den Wert des Gegenstandes festsetzenden Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 29.06.2005 – 6 BV 12/05 – wird dieser teilweise, unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen, abgeändert:
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit des Antragsgegnervertreters wird auf 24.000 EUR festgesetzt.
Die vom Beschwerdeführer zu tragenden gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden auf die Hälfte reduziert.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten stritten darüber, ob die Beteiligte zu 2, die Arbeitgeberin, verpflichtet ist, auf Dauer Vollmitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV) Ba. e.V. zu sein. Der Antragsteller leitet seine Auffassung aus Personalüberleitungsverträgen her. Die Arbeitgeberin, die zur Unternehmensgruppe der A. Kliniken G. GmbH gehört, hatte dem Betriebsrat Ende 2004 mitgeteilt, sie werde ab dem 01.01.2005 einen Statuswechsel im Kommunalen Arbeitgeberverband Ba. e.V. (im Folgenden KAV Ba.) durchführen und dort ab 01.01.2005 nur noch Gastmitglied sein. An den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter der Klinik B. ändere sich jedoch nichts. Seit dem 01.01.2005 ist die Arbeitgeberin Gastmitglied im KAV Ba.. Mit dem am 26.1.2005 eingeleiteten Verfahren hat der Antragsteller beantragt,
der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, mit Wirkung am 01.01.2005 die Mitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband Ba. e. V. gem. § 3 ihrer Satzung, Stand 18.03.2003, wieder herzustellen und diese beim KAV Ba. e. V. wieder zu beantragen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht (3 TaBV 20/05) hat die Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Das Arbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Wert des Gegenstandes auf 8.000,00 EUR festgesetzt. Hiergegen haben die Antragstellervertreter Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
Gem. § 23 Abs. 3 RVG ist im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 BetrVG der Wert nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 4.000 EUR, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000 EUR, anzunehmen. Da der Gesetzgeber es bislang unterlassen hat, für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren spezielle Wertvorschriften zu normieren, ist der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit in einem Beschlussverfahren auf den Hilfs- bzw. Auffangwert von 4.000 Euro nach § 23 Abs. 3 S. 2 Halbs. 2 RVG festzusetzen, es sei denn, dieser Betrag erweist sich im Lichte der konkreten wertbestimmenden Faktoren als unangemessen. Wertbestimmende Faktoren sind auch betriebsverfassungsrechtliche Rechtspositionen, um deren Klärung es im Beschlussverfahren geht (LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 21.12.2004 – 5 Ta 236/04 – NZA-RR 2005,385).
Gründe, die zu einer Ermäßigung oder Erhöhung führen, sind nicht der Arbeitsaufwand des Gerichts (LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 29.7.2005 – 1 Ta 53/05) oder des Prozessbevollmächtigten. Maßgeblich sind vielmehr die Bedeutung der jeweiligen betriebsverfassungsrechtlichen Positionen.
In der Hauptsache ist die Verpflichtung der Arbeitgeberin, weiterhin (Voll-)Mitglied eines Arbeitgeberverbandes zu sein, Streitgegenstand. Dabei beruft der Betriebsrat sich auf 2 Überleitungstarifverträge. Die Frage, ob sich hieraus die Pflicht der Arbeitgeberin ergibt, ist im Lichte der Koalitionsfreiheit zu betrachten. Nach Meinung des Betriebsrates ergeben sich aus der Bejahung seiner Rechtsauffassung zahlreiche weitere Pflichten des Arbeitgebers, u.U. die Einstellung von Leiharbeitnehmern zu unterlassen. Im Hinblick darauf, dass sich aus der Entscheidung u.U. Folgerungen für weitere betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten in dem Betrieb ergeben, mithin eine Weichenstellung für zukünftige Fragen stattfindet, kann es nicht bei dem Rege...