Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederholter kurzzeitig befristeter Einsatz einer Leiharbeitnehmerin im Wege vorläufiger Einstellung. Unbegründeter Unterlassungsantrag des Betriebsrats bei unzureichenden Darlegungen zum groben Verstoß der Arbeitgeberin gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten
Leitsatz (amtlich)
1. Unabhängig von der materiellen Rechtmäßigkeit ist dem Arbeitgeber der wiederholte auf drei Monate befristete Einsatz eines Leiharbeitnehmers betriebsverfassungsrechtlich erlaubt, wenn der Arbeitgeber das Verfahren nach § 100 BetrVG ordnungsgemäß durchführt.
2. Der Umstand, dass in diesen Fällen regelmäßig keine Entscheidung über die materielle Rechtmäßigkeit der Zustimmungsverweigerung (Vorliegen eines Zustimmungsverweigerungsrechts nach § 99 Abs. 2 Nr.1 BetrVG iVm. § 1 I 2 AÜG) ergeht, macht das Vorgehen des Arbeitgebers nicht rechtsmissbräuchlich. Der Schutz der Betriebsratsrechte bei Einstellungen ist vom Gesetzgeber nicht lückenlos vorgesehen.
Normenkette
BetrVG §§ 99-100; AÜG § 1 Abs. 1 S. 2; RL 2008/104/EG; BetrVG § 23 Abs. 3 S. 1, § 99 Abs. 2 Nr. 1, § 100 Abs. 2; ZPO § 253 Abs. 2 S. 2; EGRL 104/2008 Art. 5. Abs. 5 Fassung: 2008-11-19
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 30.09.2015; Aktenzeichen 4 BV 83/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 30.09.2015 - 4 BV 83/15 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Antragsgegner (Betriebsrat) ein Anspruch auf Unterlassung der Beschäftigung bestimmter Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer bei der Antragstellerin (Arbeitgeberin) zusteht.
Die Arbeitgeberin hat zunächst ein Verfahren nach den §§ 99 Abs. 4, 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG betreffend die jeweils auf drei Monate befristete Einstellung von zehn Leiharbeitnehmern in verschiedenen Abteilungen der von ihr betriebenen Klinik eingeleitet. Diese Anträge haben die Beteiligten nach Ablauf der Maßnahme übereinstimmend für erledigt erklärt.
Nunmehr wendet sich der Betriebsrat im Rahmen von Wideranträgen dagegen, dass die Arbeitgeberin auf Stellen, für die nach seiner Auffassung ein dauerhafter Personalbedarf besteht ("Dauerarbeitsplätze"), wiederholt kurzzeitig befristet Leiharbeitnehmer einsetzt.
Hierzu hat er vorgetragen:
Die Arbeitgeberin missbrauche die Möglichkeit zu Kurzeinsätzen von Leiharbeitnehmern, da sie diese nutze, um seine Mitbestimmungsrechte in Leere laufen zu lassen. Die im Antrag genannten Mitarbeiter seien - unstreitig - bereits seit mehr als zwei Jahren als Leiharbeitnehmer eingesetzt. Stellenbezogene Besonderheiten, die eine befristete Beschäftigung von drei Monaten rechtfertigen könnten, gebe es nicht. Vielmehr nutze die Arbeitgeberin die durch § 100 BetrVG vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten und verstoße damit gegen § 242 BGB sowie das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit.
Die Arbeitgeberin hat erwidert:
Sie habe in allen Fällen den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet. Dass auf den vorgesehen Arbeitsplätzen Personalbedarf bestanden habe und bestehe, sei zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Der Betriebsrat lehne nur die Einstellung im Wege der Arbeitnehmerüberlassung ab. Es bestehe offensichtlich ein unterschiedliches Verständnis des Begriffs "vorübergehend" im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Die wiederholte Befristung eines Einsatzes als Leiharbeitnehmer sei dem Arbeitgeber unbenommen. Außerdem seien die Anträge des Betriebsrats als Globalanträge unzulässig.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf die Akte verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats durch Beschluss zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Gegen den am 16.10.2015 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 28.10.2015 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist zur Beschwerdebegründung bis zum 18.01.2016 am 18.01.2016 begründet.
Er trägt vor:
Seit 2014 sei er in bestimmten Fallkonstellationen dazu übergegangen, seine Zustimmung zu den von der Arbeitgeberin geplanten Einsätzen von Leiharbeitnehmern zu verweigern, wenn die Arbeitsplätze bereits über einen längeren Zeitraum wiederholt befristet mit denselben oder verschiedenen Leiharbeitnehmern besetzt worden seien. Darauf habe die Arbeitgeberin etwa ab April/Mai 2015 die Einsätze der Leiharbeitnehmer auf längstens drei Monate befristet und damit so kurz gewählt, dass eine erstinstanzliche Entscheidung nicht mehr ergangen sei. Die Anträge nach den §§ 99, 100 BetrVG seien nur noch pauschal bzw. mit Floskeln begründet worden. Die Arbeitgeberin handle mit dieser Vorgehensweise rechtsmissbräuchlich. Hierin liege ein grober Pflichtenverstoß im Sinne von § 23 Abs. 3 BetrVG.
Die zeitliche Zerstückelung der Anträge habe keinen sachlichen Grund. Zwar könne die Planung mehrerer kurzfristiger Einsatzzeiten im Einzelfall zulässig sein, vorliegend gehe es der Arbeitgeberi...